Orlando - Virginia Woolf

Shownotes

Gewagte These: Ein 95 Jahre alter Roman ist so aktuell, dass er mit dem Zeitgeist des Jahres 2023 locker mithalten kann. Glaubt ihr nicht? In dieser Folge spricht Christina mit der Leiterin der Stadtbibliothek, Christina Krenmayr, über deren Lieblingsfilm und dem gleichnamigen Roman, auf dem dieser basiert: _Orlando _von Virginia Woolf (veröffentlicht 1928) sowie dessen Verfilmung von Regisseurin Sally Potter aus dem Jahr 1992. Mit Themen wie Identität, Geschlecht und die Rolle von Männern und Frauen in der Gesellschaft behandeln sowohl Film als auch Buch ein breites Spektrum hochaktueller identitätspolitischer Fragestellungen und bieten für alle, die Lust auf diese Reise haben, eine Menge zu entdecken.

Übrigens, was wir bei der Aufnahme noch nicht wussten: Auch Schauspielerin Emma Corrin, bekannt als Lady Diana in der Serie The Crown, hat Orlando in einer Theaterproduktion gespielt. Nachzulesen in diesem ohnehin sehr empfehlenswerten Artikel (auf Englisch).

Habt ihr den Film Orlando gesehen und findet ihn noch aktuell? Schreibt uns eure Meinung auf Instagram, Facebook oder post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

Orlando gibt’s auch in der Stadtbibliothek:

Deutsch: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/91804 https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/773

Englisch: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/103387

Hörbuch: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/55620

Film: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/23398

Transkript anzeigen

00:00:00: Virginia Wolves Roman Orlando, eine Biografie erschien 1928.

00:00:20: Die namensgebende Figur Orlando ist ein junger Adliger im 16. Jahrhundert und Favorit der

00:00:26: Königin Elisabeth I.

00:00:28: Wolves fantastischer Roman zeichnet das Leben Orlando's, der nie altert, über den spannenden

00:00:34: Dreier Jahrhunderte nach.

00:00:35: In Konstantinople fällt Orlando in einen tiefen Schlaf und erwacht als Frau.

00:00:39: Als Leserinnen erfahren wir nicht, warum Orlando sich vermandelt.

00:00:43: Sie jedoch wird sich nach und nach den Konsequenzen des Frauseins bewusst.

00:00:47: Wir folgen Orlando bis über die viktorianische Epoche hinaus ins Jahr 1928, in welchem das

00:00:54: Gedicht veröffentlicht wird, an dem Orlando seit Jahrhunderten gearbeitet hat.

00:00:58: So zeichnet der Roman England sie pochen nach, die mit verändertem Klima, Umgangsformen und

00:01:04: sozialen Normen einhergehen.

00:01:06: Dabei untersucht, kommentiert und kritisiert Wolves die Rollen von Mann und Frau und deren

00:01:11: Stellung in der Gesellschaft.

00:01:14: Selipotters Verfilmung aus dem Jahr 1992 hat Tilda Swinton in der Hauptrolle und macht

00:01:20: das Unmögliche möglich.

00:01:22: Die Verfilmung eines Romanes, der bis dahin als unverfilmbar galt.

00:01:25: Der Film hat viele Preise gewonnen und war für einen Oscar nominiert.

00:01:30: Und damit herzlich willkommen zum Vorwort dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

00:01:37: Wir beschäftigen uns heute mit der Frage, weshalb Orlando's Geschichte so relevant

00:01:42: ist wie nie.

00:01:43: Und wir, das sind heute Christina und Christina, denn ich sitze hier mit der Leiterin der

00:01:49: Stadtbibliothek und der ausgesprochenen Virginia Woolf Fanin, Christina Crenmeyer.

00:01:54: Hallo.

00:01:55: Hallo Christina, danke, dass ich dabei sein darf und mit dir über Virginia Woolf sprechen

00:02:00: darf.

00:02:01: Ja, ich freue mich voll, dass du die Zeit gefunden hast, hier zu sein und du hast ja

00:02:07: den Orlando-Roman noch vorgeschlagen.

00:02:08: Ja, ich bin seit Jahren ein großer Virginia Woolf Fan und gerade die Verfilmung von Selipotter

00:02:17: finde ich nach wie vor, vor 30 Jahren, mehr als 30 Jahren, wurde diese Verfilmung gemacht

00:02:26: und ich finde sie nach wie vor wunderschön, relevant und ganz wichtig für die Literatur.

00:02:34: Ich habe ein Film ja nicht gekannt und wir haben im Vorgespräch so drüber gesprochen,

00:02:39: was machen wir und hey Orlando, ich muss ja sagen, ich habe von der Virginia Woolf, von

00:02:45: der ich auch Fanin bin, aber von der habe ich nur einen Buch gelesen, nämlich die Mrs.

00:02:49: Deloay und habe mich dann irgendwie nie mehr dran getraut und habe mich dann voll gefreut,

00:02:54: dass ich Orlando für unsere Folge heute lesen durfte und kannte aber den Film nicht und

00:03:00: ich kenne die Thildas Finden im Grunde nur aus dem Marvel-Universum, weil der Selipotter

00:03:08: Film ist zwar nur einzig auserkennend und den habe ich mal gestern am Abend angeschaut,

00:03:12: damit ich nur ganz das ich ihn ganz frisch habe und hier sein gleich so aber Unterschiede

00:03:18: aufgefallen zum Roman selber.

00:03:20: Also erstens, was hat dir besser gefallen, der Film oder der Roman?

00:03:24: Das ist ganz schwierig zum Verantwortung, ich habe mich ja gestern am Abend nochmal angeschaut

00:03:28: und was mir so aufgefallen ist, im Roman geht sehr viel um innere Monologie, das ist ja die

00:03:36: Virginia Wolf sehr berühmt worden, gemeinsam mit James Joyce spielen sich ja sehr viele

00:03:43: ihre Romane im inneren Konflikten und das auffälligste für mich war, dass der Film ganz, ganz wenig

00:03:53: Dialoge hat, sehr viel von der Spielsprache lebt und eigentlich die wenige Handlung, die

00:04:01: der Roman hat, auf die reduziert sich der Film und das habe ich extrem spannend gefunden.

00:04:06: Also ich könnte nicht sagen, das Buch hat ganz eine andere Qualität wie der Film.

00:04:10: Es ist interessant, weil die Thildas Finden ja immer wieder die vierte Wand gebrochen

00:04:15: hat und da habe ich mir dann gedacht, wo das ist, wo sie es erst mal gemacht hat und

00:04:19: wer Thildas Finden kennt, weiß, wie intensiv ihr Blick ist und wie lange, fast unangenehm

00:04:25: lange sie denn teilweise hält und manchmal sagt sie was und manchmal sagt sie nichts.

00:04:30: Und das hat mich so reingeholt in den inneren Monolog der Figur und mich so abgeholt durch

00:04:39: so einen einfachen Filmkniff, dass sie dann gedacht, ja ok, so verfilmst du es.

00:04:44: Das war wirklich so.

00:04:45: Ja, ich wollte genau das Salme sagen.

00:04:48: Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, das ist mir auch extrem aufgefallen.

00:04:53: Ich habe jetzt gerade parallel dazu, bin noch mitten drinnen im Buch, ich bin nicht ganz

00:04:58: fertig geworden, aber das war für mich dann so.

00:05:03: Spielt sich jetzt dieser inneren Monologue deswegen in meinem Kopf ab, weil ich das Buch

00:05:08: gerade liess oder evoziert ist oder ist der Blick von der Thildas Finden wirklich so

00:05:13: ausdruckstark, dass man merkt, ok, da läuft im Kopf ganz, ganz viel ab und diese Monologie

00:05:19: passieren in ihrem Kopf, obwohl ich sie im Kopf habe, weil ich das Buch gerade liess.

00:05:25: Das ist für mich dann so ein Zeichen, eigentlich ist das eins von den Werken, die du fast parallel

00:05:31: genießen kannst.

00:05:32: Also fangst du an das Buch zu lesen und dann zwischendrin schaltest du dann viel nur so

00:05:38: ein.

00:05:39: Es ist so, es ist sehr komplementär finde ich.

00:05:42: Ja, der zweite Punkt, den ich sehr komplementär finde, ist der Zeitaspekt, der ja im Buch

00:05:48: eigentlich kaum eine Rolle spielt, diese lange vergehende Zeit über drei Jahrhunderte,

00:05:56: das wird immer noch in Nebensätzen erwähnt.

00:05:58: Man kriegt es eigentlich nur mit, oder irgendeiner König oder Königin erwähnt wird.

00:06:03: Irgendwann war bei Königin Elizabeth I und irgendwann ist man bei Victoria und man weist,

00:06:09: was hin, mehrere hundert Jahre dazwischen und das ist im Film natürlich ganz präsent.

00:06:15: Und andererseits werden die Jahreszahlen immer eingeblendet, wenn quasi ein neues Kapitel

00:06:20: im Film beginnt und andererseits arbeiten sie ganz, ganz stark mit Kostümen.

00:06:25: Das ist ja eigentlich ein Kostümfilm, der Originalkostüme verwendet und das ist noch

00:06:32: einmal ein großer Unterschied zum Buch, aber eben, ergänzt das Buch so toll.

00:06:37: Für die Kostüme hat der Finja, glaube ich, sogar den Oscar gewonnen.

00:06:41: Er hat nämlich einen Oscar und ich glaube, es war für das Bühnenbild und für die Kostüme.

00:06:45: Aber das sind das Originalkostüme, die sind nicht nachkommenswert?

00:06:49: Nein, also ich glaube nicht, dass es Originalkostüme sind, aber halt wirklich historisch adäquate

00:06:56: Kostüme, sag mal so.

00:06:58: So beeindruckend, was die Kostüme angeht, habe ich diese eines, den ich im Film gefunden,

00:07:02: nach Aulandos Verwandlung, die ja absolut subtil passiert und Till das Winden ist dann,

00:07:09: hat dann halt, trägt die Haare im letzten Endes halt einfach offen und dann hast du

00:07:14: diese Szene, die das einfängt, wie sich Aulando, also wie sich der Aulando in die Aulando

00:07:23: in die Frau verwandelt und dann geht sie durch ihr Anwesen und hat dieses gigantische, riesige

00:07:33: Kleid an mit diesen Hüften, die ungefähr fünf Elker will, breit sind und zwischert

00:07:39: auch so durch und da war, dann ist sie da durch das Anwesen gegangen, also sie kommt ja dann

00:07:43: aus Konstantinopel zurück und das mit dem Anwesen, das gehört ja ihr, das wurde ja,

00:07:48: also ich glaube es war ein Buch und im Film, dass ihr das die Königin Elisabeth geerbt

00:07:53: hat oder nur im Film und im Buch war das, das war das vor ihrem Papa oder was weiß ich,

00:07:59: jedenfalls geht sie da durch und alles ist abgedeckt, damit es nicht verstarbt und du

00:08:04: siehst halt nur diesen dunklen Raum und dann muss sie anfangen durch die Möbel, die

00:08:08: Möbel sich so zu navigieren mit dem Kleid und alleine die Tatsache, dass sie auf einmal

00:08:14: nicht mehr einfach geradeaus durchgehen kann, sondern dass sie sich so an dem abgedeckten

00:08:18: Stuhl vorbei und dem Spiegel und so, das war so bildsprachlich für mich so,

00:08:23: jetzt verändert sich das Leben ein bisschen. Ja Frauen müssen sich eigentlich immer verbiegen.

00:08:27: Ja, also das hat sie so schön eingefangen und da hast du so in diesen ganz subtilen

00:08:34: Sachen in den Filmen von der Sally Potter, die in diesen, wie sich das Frausein auf Orlando

00:08:43: auswirkt. Also eben dieser Film lebt von Subtilität, aber wenn man sich die,

00:08:50: das Casting, die Besetzung anschaut, finde ich es ja total spannend, dass die Figur, die die

00:08:57: Sascha spielt, so vom Äußerlichen sehr ähnlich ist, dann der "Shadow-Rev" der heißt, das

00:09:06: heißt Kapitän Mamadouk Ponthrop Shell-Mergin und ich glaube, wir nennen ihn einfach Shell.

00:09:15: Shell, die schauen sich ja dann ähnlich und das Kind, das zum Schluss dann im Film vorkommt,

00:09:23: ist auch vom Casting her ganz ähnlich, wo man sich ja durchaus vorstellen kann, dass das Kind

00:09:31: von diesen zwei Händen ist. Deshalb bin ich ganz spannend davon Casting und von der Besetzung

00:09:36: gefunden, mit wie viel Genauigkeit die Sally Potter so Details ausarbeitet. Die Weyer habe

00:09:46: ich lesen schon in früher Jugend von Orlando den Buch sehr angetan und hat da schon angefangen,

00:09:54: das auszuarbeiten. Mir ist dann vorkommen, das ist wie eine Herzensgeschichte, die sie interpretieren

00:10:01: wollte und hat da ja auch ganz viel in Kauf genommen, war ein ganz früh so eine Art Crowdfunding

00:10:07: betrieben, weil Studios das den Film gar nicht aufnehmen wollten, weil der so eben unverfilmbar

00:10:12: war. Auf Englisch heißt es Stream of Consciousness, der in diesen Gedankenstrom, Gedankenstrom.

00:10:21: Er hat das Wort gesagt in einer Monologa, aber es ist mehr der Gedankenstrom. Das ist

00:10:26: so Virginia Woolf, James Joyce typischer. Also das ist so Anfang des 20. Jahrhunderts,

00:10:35: wenn Virginia Woolf schreibt, Orlando 1928 aus der Kärmen, es ist so was Neues und so

00:10:43: eine neue Darstellungsart von so an Fokus auf den inneren Monologen gibt. Das hat es vorher

00:10:49: in der Form nichts gegeben und das hat mich so beeindruckt, als ich Mrs. Deloay gelesen

00:10:57: habe und jetzt auch Orlando, wie modern sich das eigentlich liest, weil sich das Ganze

00:11:03: mit dem Subjekt beschäftigt. Die ganze Zeit. Ich habe mir auch noch andere Aspekte gedacht,

00:11:08: die ganze Thematik ist aktuell wie nie jetzt dem, wo du es vorher erwähnt hast, schon

00:11:15: die klimatischen Veränderungen. Das kommt dem Film ein bisschen weniger raus als im Buch,

00:11:21: was immer wieder um das Klima geht und wie sich über die 300 Jahre das Klima in England

00:11:27: verändert. Also das ist ganz ein wichtiger Punkt in dem Buch. Das habe ich sehr, sehr

00:11:33: spannend gefunden, wenn wir jetzt die aktuellen Diskussionen haben und natürlich auch die

00:11:38: Veränderung des Geschlechts. Was macht Geschlecht aus? Was macht gender aus? Das finde ich ganz

00:11:44: spannend, wie die Umgebung auf den Öl reagiert, wenn es dann kein Öl mehr ist, sondern eine

00:11:52: Frau ist sehr spannend und gerade im Film ist es noch einmal stark herausgekommen, als

00:11:59: im Buch diese Frauenfeindlichkeit von diesen großen Figuren, wie abfällig, die über Frauen

00:12:06: sprechen, das ist nach wie vor leider Gottes ganz, ganz aktuelles. Orlando ist ja eine

00:12:13: Künstlerfigur, also Orlando ist ja Schriftstellerin und dieses Binnenasterics kann man nie schöner

00:12:21: verwenden als vielleicht für diese Figur. Und sie versucht dann, also er hat immer schon

00:12:28: geschrieben und hat auch früher Entwürfe von einem Gedicht geschrieben, dass sie dann

00:12:34: veröffentlicht, je nach Version. Im Roman schafft sie es zu veröffentlichen und kriegt

00:12:41: sogar einen Preis dafür. Im Film hat sie es fertig geschrieben, das Gedicht, der Eichenbaum,

00:12:49: dass sie unbedingt veröffentlichen will, aber wartet noch, ob sie Verleger nimmt.

00:12:52: Das war auch einer dieser Unterschiede zwischen Film und Buch. Und sie, Orlando, versucht

00:12:58: ja dann, weil in diese Künstlerkreise und mit diesen ganz berühmten Schriftstellern

00:13:04: derzeit Kontakt aufzunehmen und die nehmen sie aber halt einfach nicht ernst.

00:13:08: Er hat ja die Verlegerfigur so spannend gefunden im Film, dieser Bruch dann in der Filmendet

00:13:18: ja nicht 1928, wo das Buch veröffentlicht wird, sondern Ende der 80er Anfang der 90er

00:13:25: Jahre so vom Setting her. Und dieser Turbo-Kapitalismus in irgendeinem gesammt stylischen Büro im Bandhaus

00:13:34: mit dem turbo-kapitalistischen Verleger, das habe ich schon sehr spannend gefunden, wie

00:13:40: ja da das Literaturmarketing dargestellt wird im Film.

00:13:44: So richtig "Bulf of War Street" 80er Jahre, die breite Krawatte an, genau.

00:13:49: Und da hat Sally Potter ja einfach nur das Ende von der Virginia Wolf, das war das ja

00:13:56: in der Jetztzeit für Virginia Wolf geändert hat, für sich transportiert in die damalige

00:14:01: Jetztzeit in die Anfang der 90er.

00:14:03: Und was ich interessant gefunden habe, wo ich aber nicht genau gewusst habe, was das

00:14:10: bedeutet ist, wo das Kind von Orlando, das war Sohn, gell?

00:14:16: Ich glaube im Buch ist es ein Sohn, im Film wird es geschlecht offen gelassen.

00:14:25: Also hätte ich jetzt für mich so interpretiert, dass sie genau bewusst mit dem äußeren Spiel,

00:14:31: dass das nicht klar eine Zuordnung hat.

00:14:36: Warum hat das Kind dann die Videokamera bekommen?

00:14:40: Was sollte also am ganz am Ende gibt es ja die Szene, wo Orlando unter dem Baum sitzt

00:14:45: und das Kind filmt so die Heide.

00:14:48: Und das ist so eine Oldschool 90er Jahre Kamera, mit der ich auch aufgewachsen bin.

00:14:57: Und für mich war das eventueller Kommentar Richtung Künstler-Tum, Kunstschaffens und

00:15:04: so.

00:15:05: Und das war so sein, die Richtung interpretiert.

00:15:08: Das ist einfach, ich glaube vom Zeitgeist der 90er Jahre her war Film einfach der künstlerische

00:15:15: Ausdruck.

00:15:16: Das war so die Zeit, wo Literatur bis sie ins

00:15:21: hintertreffen geraten ist. Also die ist mittlerweile in den 30 Jahren in den 30 vergangenen Jahren

00:15:27: wieder starker in den Fokus gerückt, aber in den 90er hab ich für mich das Gefühl,

00:15:32: Video, Filme, das, künstlerische Medien der Zukunft. Also ich würde schon an Bezug zum

00:15:41: Künstler-Tum wieder herstellen wollen, aber wirklich in dem Sinn, dass einfach in der Zeit

00:15:47: Film, das präsentere und modernere Medien, als moderneres Medien angesehen worden ist.

00:15:53: Auch übertragbar auf Roman, der damals ja noch gar nicht so ein, also das war relativ neues

00:16:00: Medium auch für Virginia Wolff noch. Genau. Und jetzt den Film. Der Film war damals einfach so.

00:16:08: Also ich saß Zeitalter, wo so ein TV aufkommen ist, wo Musikvideos so neu waren unter Anführungszeit,

00:16:17: reichen. Und die könnt man vorstellen, dass das der Bezug oder Hinweis darauf ist. Und aus den 90ern

00:16:24: kommen ja diese ganzen tollen, independenten Filme, die man heute noch gern schaut und die,

00:16:31: wie ja Millenius jetzt alle betrauern, dass es diese Art von Film und Industrie nicht mehr gibt,

00:16:37: sondern dass Marvel alles gegessen hat. Das sind die Filme, die es quasi gerne wieder hätte.

00:16:42: Ich habe es ja sehr spannend gefunden, wenn wir jetzt gerade bei den 90er Jahren sind, ganz am Anfang

00:16:49: und zum Schluss die letzte Szene, wo der Engel vom Himmel herunter schwebt, da singt, dass Jimmy

00:16:55: Summerwell war einer der ersten Künstler, der sich wirklich ganz öffentlich, als homosexuell

00:17:03: geoutet hat. Also natürlich hat man von einigen Künstlern gemunkelt oder es gewusst, aber

00:17:12: sich wirklich in der Öffentlichkeit geoutet hat, war sicher, dass Jimmy Summerwell einer der ersten

00:17:18: und der dann in diesem Zusammenhang auftritt war 1992 sehr bekannt. Also das war wirklich

00:17:27: Teil der Popkultur, den haben ganz viele Leute einfach gekannt. Das ist ja spannend, weil es war

00:17:34: ein Cameo sozusagen. Genau, verstehe. Was ich unwissende, also was ich nur gesehen habe und ich hab

00:17:43: den Engel, diese Engelsfigur gesehen, kennen die ganze Popgeschichte dazu nicht, also die

00:17:51: Popkulturelle Hintergrundgeschichte. Engel aber gleichzeitig berühmt der Weise ja geschlechtslos.

00:17:56: Stimmt, sie haben's nicht. Genau, das habe ich dann, das habe ich mir dann so zusammen gereinigt,

00:18:02: weil Engels sind ja, haben kein Geschlecht und war dann auch wieder spannende Referenz zu

00:18:08: dieser, um das universelle nochmal diese Botschaft zu bringen, weil ich habe mir dann

00:18:17: beim, beim, die ganze Zeit die Frage gestellt, ist es, also ich habe die ganze Zeit gedacht,

00:18:24: Judith Butler, Judith Butler, Judith Butler, einfach weil es geschlecht aufbricht und im Grunde

00:18:32: genommen, was es ja nicht nur macht, es schaut ja nicht nur, okay so wird der Mann in den Jahrhunderten

00:18:38: behandelt und so wird dann die Frau sukzessiver in den Jahrhunderten behandelt, sondern die Frau war

00:18:43: ja zuerst der Mann und sie sagen ja auch aus, sie zitieren ja auch die Bibel, dass die Eva aus der

00:18:50: Rippe Adams geschaffen ist, also das ist man dann auch so, diese Referenz gekommen.

00:18:54: Für mich, ich habe es dann so aufgefasst, dass, also es würde Sally Potter vor allen Dingen in ihrem

00:19:04: Film so versuchen, runter zu brechen, dass diese Wahrnehmung, dass die Frau von Venus ist und

00:19:13: der Mann von Mars, das ist so 80er, 90er, früher 2000er Ansicht gewesen, was ist mein Eindruck,

00:19:20: dass es diese Barriere, dass die rein sozial ist und dass, wenn man das einmal schaut, wie da der

00:19:29: Wandel in der Figur selber passiert, dass das wirklich, es sind die sozialen und die äußeren

00:19:34: Einflüsse, die das machen und nicht die Person selber, weil die ist komplett gleich. Das ist das

00:19:41: Schöne und das ist das tolle an der Schauspielerin, Tilda Swindon, dass sie so was anderes hat und

00:19:50: dadurch ändert sich eigentlich an der Figur selber gar nichts, weder die Figur noch wie sie

00:19:57: auftritt und wie du sagst, das sind die äußeren Einflüsse, sie muss sich verbiegen, weil die

00:20:03: Mode den Einfluss hat, dass sie mit diesem riesigen Kleid nicht mehr gescheit gehen kann, aber im

00:20:10: Grunde genommen an ihrem Wesen ändert sich nichts, das hat man aber auch im Buch total gut gefallen,

00:20:17: da ist, das wird irgendwann beiläufig erwähnt und wenn man so schnell drüber liest oder manchmal

00:20:24: Pausen dazwischen macht, so, ja wann ist sie jetzt, ist sie jetzt Mann oder Frau, also von dem wie ihre

00:20:31: Gedanken fließen und was sie so macht ist für sie selber eigentlich wenig Unterschied und das finde

00:20:41: das tolle und Schöne an dem Buch und die spannende Aussage, die ja heutzutage noch ganz ganz aktuell ist.

00:20:47: Genau und das wurde bitte 19... ich finde es so beeindruckt, 1928 hat sie sich die Virginia

00:20:55: Wolf hinsetzt und hat das O-Geschrieben und das ist so eine für mich eine Transparenz in der Zeit,

00:21:02: wo wir einfach sehr wenige Texte haben, die diese Transparenz bieten, ich mein das war dann schon

00:21:09: Anfang des 20. Jahrhunderts, da ist dann langsam aufgangen und das hat mich mir einfach gezeigt,

00:21:16: dass LGBTQ-Repräsentation vorhanden ist in Texten, in denen man es vielleicht nicht erwartet,

00:21:25: also in klassischer Literatur würde man sagen und wie viel mehr Wert es geben kann, weil die Pia und

00:21:34: ich haben uns ja auch schon gefragt, warum wir eigentlich nur schön Orsten lesen und da bin ich

00:21:40: da an sich, dass man es, dass es inzwischen gerne gelesen werden kann für den Zeitwert, um zu

00:21:47: schauen, wie haben die Menschen früher in dieser Klasse gelebt, aber dass es ein absolutes,

00:21:53: überholtes Gesellschaftsbild ist, das nur immer wieder perpetuiert wird, wenn man das weiter trägt

00:21:59: und nochmal ein Film drüber macht und nochmal ein Film und für mich ist Orlando der genaue

00:22:04: Gegensatz dazu und der Stoff, wie du gesagt hast, Christina, so relevant ist wie noch nie und nicht

00:22:14: nur das zwischen Mann und Frau sich anschaut, wie die Beziehungen sind, wie sich das Leben von einer

00:22:21: Frau verändert, die früher Privilegien genossen hat, sondern heute, wo die ganze Transgender-Debatte

00:22:30: auf dem Tisch liegt, ist es für mich fast so ein Proto-Transgender-Buch, weil eben Till

00:22:38: das Winden im Film jetzt so androgyn ist und eigentlich beides auf einmal repräsentiert.

00:22:43: Ja, das stimmt mir der Vollkommen, wenn so. Am Punkt Transgender-Debatte ist mir auch noch

00:22:51: aufgefallen, diese Figur vom Lord. Sie bekommt ja dann als Frau einen Heiratsantrag, der dann

00:23:03: im Film kommt es nur besser raus, also im Buch sagt, ich habe dich schon als Mann geliebt,

00:23:09: ich liebe deine Person, deinen Charakter, es ist mir egal, was du für Geschlecht hast und das

00:23:16: finde ich auch so schön. Es ist noch einmal vielleicht Replik auf die Diskussion, die wir

00:23:23: vorhin gehabt haben, die äußeren Einflüsse aufs Geschlecht und da wird so was universelles der

00:23:30: Liebe eigentlich repräsentiert, wo es nicht darum geht, ob Frau oder Mann sich attraktiv finden,

00:23:37: was auch nicht um Homosexualität oder Heterosexualität geht, sondern wirklich einfach um Liebe und

00:23:42: warum das sie mein Leben überschätzt und das finde ich auch, das hat nach wie vor so viel

00:23:49: Relevanz. Und es ist so ein nachklingender, beeindruckende Boca, es resumiert total mit mir und

00:23:55: was an was es mich auch erinnert hat, ist beides sein von der Alice Smith, das ist ein schottischer

00:24:02: Autorin, das Buch ist 2014 rausgekommen, ist für den Bucherpreis noch nicht worden, ich kenn's

00:24:08: deswegen, weil ich damals für Studium gelesen habe und ich habe aber nie den Bezug zu Orlando

00:24:13: hergestellt, das hier jetzt den Roman habe ich jetzt erst gelesen und da ist mir dann aufgefallen, wie

00:24:21: viel Bezug Alice Smith, weil das war mein Durchbruchsromant durch Alice Smith bin ich auf

00:24:27: Judith Butler kommen, das war meine Begegnung mit dem Thema und jetzt zu erkennen wie viel Bezug

00:24:35: Alice Smith auf Orlando nimmt in ihrer erzählweise, da heißt es die Protagonistin heißt George und

00:24:42: ist auch, ist in, die ist Teenager und ist in ein Mädchen verliebt und da kommt ein Geist von

00:24:51: einem Renaissance Maler, das ist irgendwie so ganz verwoben und eben auch so Gedankenstrommäßig

00:24:58: ließ sich sehr Virginia Woolfmäßig und das hat mich dann noch mehr beeindruckt,

00:25:04: aus welchem Repertoire die eigentlich geschöpft hat diese Tage. Also ich glaube nach wie vor und

00:25:09: deswegen bin ich auch so großer Fan von Virginia Woolf, dass ihr schreiben Generationen von feministischer

00:25:17: Literatur einfach ganz, ganz stark beeinflusst und geprägt habt und ich finde sie einfach eine

00:25:23: der wichtigsten Autorinnen des 20. Jahrhunderts, das muss man ganz klar sagen. Es ist so eine,

00:25:28: ich glaube von uns beiden große Leseempfehlung, weil es ließ sich so beeindruckend und fein

00:25:38: runter. Man muss aber, finde ich, in der richtigen Stimmung sein. Ja, man muss sich einlassen

00:25:48: auf große Literatur. Das kann total was Schönes sein, aber es, wie gesagt, wie du sagst, die Stimmung

00:25:57: ist ausschlaggebend. Das ist aber ein Buch, das man zwischendurch einmal weglegen kann und dann

00:26:02: Wochen später wieder greifen kann. Also das ist so. Wirklich ist es, als ob man in ein Fluss zurück

00:26:07: reintritt. Man wird so mitgeschwemmt und dann 30 Seiten später fragt man sich, was habe ich jetzt

00:26:12: alles gelesen? Es passiert so viel und gar nix. Ja, und eben wie wir am Anfang schon gesagt haben,

00:26:19: das eignet sich perfekt dafür, zu sagen, ich liess das Buch, ich schau den Film, das eine bedingt

00:26:25: das andere nicht, aber es ergänzt sich wunderbar und man nimmt sich auch nix, wenn man zwischen

00:26:30: drin und sich den Film einfach anschaut und dann das Buch wieder weiter liest. Ja, genau. Im Gegenteil,

00:26:36: es motiviert dann auch wieder, wenn man sagt, ach nein, jetzt will ich doch noch. Was sind denn die

00:26:42: Gedanken dahinter, wenn ich im Film nur den Ausdruck von der "Childers Wind" sehe und man denkt, ja,

00:26:49: da passiert ganz viel im Inneren von ihr und eigentlich würde ich es dann gar nicht wissen und

00:26:55: dafür ist dann das Buch da zum Weiterlesen. Voll, das habe ich so oft gehabt, dass ich am Ende des Films

00:27:01: Passagen kaputt wollte, anflieglesen habe und da habe ich mir genau das gleiche gedacht. Du hast

00:27:07: mir ja vielleicht zum Abschluss im Vorgespräch auch gesagt, wie faszinierend du das findest,

00:27:13: die Beziehung zwischen "Vita, Segwell, West" und Virginia Wolff und der Roman ist ja ihr auch

00:27:20: gewidmet. Warum glaubst du oder warum ist ihr der Roman gewidmet? Wenn man die Biografie von

00:27:28: "Vita, Segwell, West" liest, die ist eine Erde liege, die hat ein sehr privilegiertes Leben, die kommt

00:27:38: aus einer ganz alten, eingesessenen, erdeligen Familie und hat eigentlich genau dieses Leben

00:27:44: führen können, hohne, ökonomische Zwinge des Orlando führt. "Vita, Segwell, West" war bekannter

00:27:54: für Cross-Dressing, also die hat sich ja immer wieder als Mann verkleidet, ist sehr viel gereist,

00:28:03: in den Orient und war natürlich die große Liebe von der Virginia Wolff, also die waren zwar beide

00:28:12: verheiratet, weil es die gesellschaftlichen Zwinge zu der Zeit einfach erfordert waren, aber waren

00:28:18: jahrelang ein Liebespaar, also das Literatorenfell und es gibt ein Buch mit wunderschönen Liebespriefen

00:28:25: zwischen die zwei und ich glaube, das zeichnet einfach auch das Leben oder auch das imaginierte

00:28:32: Leben von "Vita, Segwell, West" ab, einfach in dem Kontext, dass sich einfach ihre Familiegeschichte

00:28:42: über Jahrhunderte erstreckt, das ist wirklich alte Englischader und Virginia Wolff hat es ja

00:28:48: wohl in einem laut eigener Aussage, einem Sommer geschrieben und einem, der hat ein großes oder

00:28:55: das größte Vergnügen gehabt, das Buch zu schreiben und ihr ist laut eigener Aussage nie besser von

00:29:00: der Hand gegangen, was du schreibst, dieses Buch und man merkt es auch, dass sie einfach Spaß mit

00:29:05: Konzepten kapert, alles aufbrochen und sagt, ich denke mal jetzt erleben, wie es sein hätte können

00:29:13: und eben auch, ich glaube, diese universelle Liebeserklärung ist die Liebeserklärung an

00:29:18: die Vita, weil es war wirklich ihr Lebensmensch, weil man das so sagen kann.

00:29:21: Ja, und damit sind wir heute schon wieder am Ende. In der Bibliothek liegt Orlando einmal

00:29:30: in der deutschen Ausgabe vom S Fischer Verlag vor, sowie als umgekürzte Lesung als Hörbuch

00:29:35: und die Verfilmung von der Selypota haben wir auch da. Damit verabschieden wir uns für heute,

00:29:42: im Dezember geht es weiter mit dem zauberhaften Studio-Gibli-Film "Das Wandende Schloss"

00:29:47: und der Frage, warum wir Geschichten überhaupt so gern mögen. Wie immer seid nun ihr gefragt,

00:29:53: nämlich was haltet ihr denn von Orlando und den Rollenbildern, die Virginia Wolff und Selypota

00:29:58: den ihren Werken aufzeigen? Ihr könnt uns auf Facebook schreiben, auf Instagram oder unter

00:30:04: Stadtbibliothek@insbruck.gv.at. Christina, danke, dass dir die Zeit genommen hast

00:30:10: für unsere Hörer*innen und für mich. Das war totaler spannendes Gespräch. Danke.

00:30:16: Danke, Christina.

00:30:18: [Musik]

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