Kurz und Schmerzlos mit ... Hans Platzgumer ("What Goes Up Must Come Down")
Shownotes
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Vom Spex-Magazin einst als Gitarrengott bezeichnet, heute Literat und Essayist: Hans Platzgumer, im Innsbrucker Stadtteil Hötting geboren, ist Musiker und Schriftsteller. Mit elf Jahren spielt er sein erstes Konzert, mit 14 Jahren tritt er mit seiner Band auf der Innsbrucker Bergisel-Schanze vor 30.000 Zuschauer*innen auf. Über 2.000 Konzerte hat er seither weltweit gespielt und zahlreiche Alben veröffentlicht. Neben der Musik ist er vor allem als Schriftsteller bekannt: acht Romane und sechs weitere Bücher hat er bereits veröffentlicht.
Sein neues Buch „What Goes up Must Come Down“ ist benannt nach dem Song „Spinning Wheel“ der Band Blood, Sweat & Tears, der 1969, dem Geburtsjahr des Autors, die Charts angeführt hat. Entsprechend autobiografisch ist diese Abhandlung mit der Popmusik für Hans Platzgumer, er habe die Welt immer schon durch die Musik erlebt, Fan sei er aber nie gewesen. Das Buch befasst sich mit dem gesellschaftlichen, auch politischen Einfluss, den die anglo-amerikanische Popmusik seit der Nachkriegszeit auf das Zeitgeschehen ausübt. „Die Popmusik“, so Platzgumer, „war immer schon Motor für die gesellschaftliche Entwicklung“. Das Gespräch mit Boris geht es ums Musik machen und Literatur schreiben, um (Pop-)Musik und dem Künstlerdasein, und auch darum, wie sich Künstliche Intelligenz auf Musik und Literatur auswirken werden (oder auch nicht).
„What Goes Up Must Come Down: Kleine Geschichte der Popmusik“ von Hans Platzgumer: https://www.bahoebooks.net/buch/what-goes-up-must-come-down/ Bücher von Hans Platzgumer gibt’s auch in der Stadtbibliothek: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/simple_search?query=hans%20platzgumer
DIE GOLDENEN ZITRONEN: http://www.diegoldenenzitronen.com/
Hans Platzgumers Literaturtipp: „Die grauen Seelen“ von Philippe Claudel (aus dem Französischen von Christiane Seiler): https://oe1.orf.at/artikel/207832/Die-grauen-Seelen Mehr von Philippe Claudel gibt’s in der Stadtbibliothek: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/simple_search?query=claudel
svorwort #popcast #bibcast #kurzundschmerzlos #gemeinsambesserlesen #stadtstimmen
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00:00:00: [moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [moduliert]
00:00:07: Boris: [liest] Hans Platzgummer: "What Goes Up Must Come Down:
00:00:12: Kleine Geschichte der Popmusik", Bahoe Books 2025.
00:00:18: Pop, das sind auch immer Geschichten vom Streben himmelwärts und von jenen Abstürzen,
00:00:24: von Triumph und Niederlage.
00:00:26: Pop, das sind Lebensgefühl, Traum und Weltanschauung, von Generationen von Fans und Stadien mit
00:00:34: Menschenmassen verinnerlicht.
00:00:35: Die Pop-Geschichte ist an Personen und Kombos, Genres und Gegengenres so reich bestückt,
00:00:45: wie der Nachthimmel mit Sternen, die aufleuchten und verlöschen.
00:00:49: Was aufsteigt, so lautet die ehene Regel, muss auch wieder absinken.
00:00:54: "What Goes Up Must Come Down" nähert sich der Geschichte der Popmusik aus radikal
00:01:01: subjektiver Perspektive.
00:01:03: Politik, Ökonomie, Alltag sind Teil dieses Buchs, weil Pop längst als Anschauungsmodell
00:01:11: und Warnsignal für viele andere Bereiche gelten darf.
00:01:15: Jeder und jede ist in Pop und durch Pop irgendwie zu Hause.
00:01:20: "What Goes Up Must Come Down" erzählt von einem Lebensgefühl, von Provokation und
00:01:27: Rebellion und auch darüber, wie Popmusik als Motor für so Vieles im 21.
00:01:34: Jahrhundert allmählich in Stottern gerät. [Intro-Musik]
00:01:50: Boris: Hallo und herzlich willkommen zurück beim "Vorwort: Kurz und Schmerzlos", heute mit Hans
00:01:59: Platzgumer und mein Name ist Boris Schön.
00:02:03: Hans, schön, dass du da bist.
00:02:06: Hans Platzgumer: Hallo, danke für die Einladung, freue mich, hier zu sein.
00:02:08: Boris:Ich würde dich wie alle unsere Gäste gerne bitten, dich kurz vorzustellen.
00:02:13: Hans Platzgumer: Ja, mein Name ist, hast du schon gesagt, Hans Platzgumer, geboren bin ich hier in dieser
00:02:18: Stadt, im Stadtteil Hötting vor 55 Jahren und dann habe ich sehr schnell angefangen,
00:02:27: Musiker zu werden und ab Ende des letzten Jahrhunderts habe ich dann zu schreiben vermehrt angefangen
00:02:39: und deshalb bin ich heute Autor und auch noch ein bisschen Musiker.
00:02:44: Ich habe inzwischen 8 Romane und 6 andere Bücher geschrieben und auch echt viele Alben veröffentlicht.
00:02:55: Boris: Danke dir. Du bist ja heute hier mit deinem neuen Buch in der Stadtbibliothek, das heißt
00:03:03: "What Goes Up Must Come Down", ein Songtitel von einem The Alan Parsons Project-Song, also
00:03:11: du korrigierst mich jetzt und sagst, da gibt es noch andere Songs, die genau gleich heißen,
00:03:14: oder das war jetzt meine Assoziation?
00:03:15: Hans Platzgumer: Da gibt es, ich glaube es gibt 3, 4 vielleicht sogar mehr Songs, die so heißen, tatsächlich
00:03:21: habe ich mich aber auf keine von diesen Songs, die so heißen, bezogen, sondern auf den Song,
00:03:25: den glaube ich die allermeisten Leute damit verbinden, der aber nicht so heißt, sondern
00:03:30: "Spinning Wheel" heißt von Blood, Sweat & Tears, der im gleichen Jahr, wo ich auf die Welt gekommen
00:03:36: bin, 1969 an der Spitze fast aller Charts war und mit dieser Textzeile losgeht: [singt] ~ What
00:03:45: goes up, must come down ~, deshalb kennt man eigentlich unter diesem Titel, eigentlich
00:03:50: heißt aber "Spinning Wheel".
00:03:51: Boris: Der war auch ganz lang, ich weiß nicht, ob es diese Cabaret-Sendung noch gibt, oder
00:03:55: gab es eine Cabaret-Sendung, wo der immer als Trailer eingespielt wurde, das war damals,
00:03:58: so bin ich auf diesen Song gekommen, [Hans lacht] aber ein anderes Thema, genau der Untertitel dieses
00:04:04: Buches ist kleine Geschichte der Pop-Musik und du hast ja eh schon kurz umrissen in
00:04:11: deiner Vorstellung, die Frage ist ein bisschen, was verbindet denn dich und die Pop-Musik?
00:04:17: Ich meine du hast gesagt, du hast angefangen, Gitarre zu spielen, du hast am Konservatorium
00:04:22: glaube ich studiert, wenn ich das richtig auf Wikipedia nachgelesen habe.
00:04:26: Hans Platzgumer: Ja, ja und dann bin ich ganz früh nach Wien und habe dann in Wien Musik studiert, aber
00:04:31: mit der Pop-Musik verbindet mich eigentlich fast seitdem ich denken kann, alles, bin
00:04:38: durch Pop-Musik sozialisiert worden, zuerst durch meine älteren Brüder und dann immer
00:04:45: mehr da in den hiesigen Kulturzentren, davor war es die MK, da haben wir schon unsere erste
00:04:51: Band angefangen, mit elf schon das erste Konzert gehabt, mit vierzehn schon das größte
00:04:56: Konzert gehabt, nämlich hier in Innsbruck auf der Bergiselschanze, haben wir einen Bandwettbewerb
00:05:02: gewonnen damals und haben als Vokope zu Gianna Nannini als überhaupt erste Band auf der,
00:05:08: auf der im Skisprungareal Bergisel auftreten dürfen, vor über 30.000 Zusehern, das war
00:05:17: schon sehr aufregend damals, war auch mein größtes Konzert bis heute, [lacht] seitdem "What
00:05:24: goes up must come down", bin ich "down gekommen", habe aber doch schon über 2.000 Konzerte
00:05:31: auf der ganzen Welt gespielt, ja auch lange in Amerika gelebt und so weiter und deshalb
00:05:37: war das alles immer mit Musik, ich habe die ganze Welt mit Musik kennengelernt und alles
00:05:43: gelernt, über Pop-Musik mehr gelernt, als ich in der Schule gelernt habe und so hat
00:05:50: sich das mein ganzes Leben lang entlang verschiedener Musikstile und Bands entwickelt und dann
00:05:58: war es nur irgendwann logisch, dass ich ja als Schriftsteller seit über 20 Jahren
00:06:04: bekannter bin eigentlich als Musiker, aber viele kennen doch meine quasi Vergangenheit
00:06:09: oder mein Musikerdasein auch und dann war das irgendwie naheliegend, weil ich ja
00:06:16: so viel Essays schreibe, dass ich als Essayist auch mal über die Pop-Musik was schreibe und
00:06:23: dann ist mir das dieser Text eingefallen.
00:06:25: Boris: Jetzt habe ich eine Frage, die ich ein bisschen eigentlich auf ein Gespräch beziehe, die mir
00:06:30: jetzt gerade im Kopf gekommen ist, und zwar mit Christian Fuchs, der ja auch das "House
00:06:34: of Pain" macht, der hat gesagt, seine musikalische Tätigkeit ist eigentlich aus reinem Fantum
00:06:40: entstanden.
00:06:41: Ist das bei dir so oder ist, weil du vorher gesagt hast, für dich war Pop-Musik oder
00:06:45: Pop-Kultur war ja ganz relevant und dann hast du angefangen, ein Teil davon zu sein.
00:06:49: Ist das auch aus einem Fantum heraus oder?
00:06:52: Hans Platzgumer: Nein. Da sind wir offensichtlich ganz anders.
00:06:54: Fantum spielt bei mir eigentlich überhaupt keine Rolle, ich bin eigentlich ein ganz schlechter
00:06:58: Fan, ich bin eigentlich kein [betont] Fan von irgendwas, sondern[Boris, lachend: Sehr gut.] - tatsächlich, also es geht mir, ich
00:07:05: bin Fan von verschiedenen Momenten der Pop-Musik oder Momenten der Literatur oder der Kunst
00:07:12: von verschiedenen künstlerischen Werken, aber kein durchgehender Fan von einer bestimmten
00:07:19: Band zum Beispiel oder von einem bestimmten Musiker, Musikerin, oder Schiffstellerinnen,
00:07:24: Genre, ich liebe eigentlich alle Genres gleich, ich habe da keine speziellen Vorlieben,
00:07:31: natürlich irgendwie Vorlieben hat man natürlich immer, aber ich finde überall Sachen, die
00:07:38: mich begeistern, faszinieren und die ich echt, wo es es gibt in allen Richtungen so große
00:07:45: Momente in der Kunst, wo sie dich aushebelt und dir den Boden unter den Füßen wegreißt
00:07:52: und das sind die Sachen, die ich liebe, aber ich, das passiert wahnsinnig selten, dass
00:07:59: das von ein und demselben Künstler oder Künstlerin dann dieses Kunststück öfter
00:08:06: gelingt. Insofern bin ich ein schlechter durchgehender Fan, aber immer total beeinflusst von Kunst
00:08:16: und Musik im Speziellen. - Boris: Eine der Bands, soweit ich das jetzt verstanden hätte, bei
00:08:23: der du fast schon wahrscheinlich am längsten in Summe dabei bist, sind "Die Goldenen Zitronen",
00:08:27: da bist du immer noch aktives Mitglied, habe ich das richtig im Kopf oder ist das? - Hans Platzgumer: Ja,
00:08:31: es gab dann mal ein Ausstiegsverbot, [lacht] aber ich bin ein inaktives Mitglied, also bin
00:08:37: jetzt kurz ein bisschen dabei gewesen, aber ein Schläfer bin ich da. - Boris: Die Sache ist ja
00:08:45: mit diesen "Goldenen Zitronen", ich bin mir nicht ganz sicher, wie das unsere Zuhörerinnen
00:08:48: und Zuhörer so einschätzen, weil die ja teilweise natürlich ganz andere Generation sind als
00:08:53: du oder ich. Das ist ja so ein bisschen eine Sache gewesen im deutschsprachigen Raum,
00:08:59: dass "Die Goldenen Zitronen" so ein Teil davon oder ein bisschen ein Vorspiel waren von
00:09:04: dieser Hamburger Schule, wie man das nennt, wo ja dann so Bands wie "Tocutronic", "Die Sterne",
00:09:09: Musiker wie Rocko Schamoni oder auch "Blumfeld" und ähnliche herausgekommen sind.
00:09:14: Jetzt auch in Anbetracht dieses Buches über die Popmusik, wie ist denn für dich diese
00:09:21: ganze deutsche Phase so retrospektiv, hast du deine Meinung dazu, ein Bild, dass du das
00:09:27: verändert hat? - Hans Platzgumer: Ich war ja Teil der Hamburger Schule, weil ich nach Amerika, bin ich nach
00:09:32: London kurz gegangen und dann eben über "Die Goldenen Zitronen" nach Hamburg, das war
00:09:37: dann 1996. Und das ist genau diese Zeit dann gewesen, wo dann [unverständlich] und diese ganze so
00:09:45: genannte Hamburger Schule aufgekommen ist und dann habe ich ja auch die "Tocutronik" produziert
00:09:51: und da waren alle ein Klündel, sind alle zusammengehängt. Also ... bin nach wie vor eng befreundet
00:09:59: mit den ganzen Protagonisten und Protagonistinnen. Aber in diesem Kontext zu meinem Popmusik-Buch
00:10:12: spielt die deutsche Musik an sich wenig Rolle, sondern mir geht es viel größer um die gesamte
00:10:18: Entwicklung und den Lauf der Popmusik allgemein von der Nachkriegszeit bis jetzt und was
00:10:27: da alles, was die alles bewirkt hat. Mir geht es eigentlich mehr um den gesellschaftlichen
00:10:31: Einfluss und den politischen Einfluss, den sie natürlich in Hamburg auch gehabt hat.
00:10:37: Das war ja auch eine sehr politisch motivierte Szene. Aber man kann jetzt nicht sagen, dass
00:10:43: die Hamburger Schule eine eigene Stilrichtung gewesen war, die weltprägend war für den
00:10:51: Lauf der allgemeinen Popmusik. Ich rede auch schon eher in größeren Begriffen, also Bebop,
00:10:56: Rock'n'Roll, Soul, R&B, Punk, Rave, Techno. Das sind die Entwicklungen, die mich interessiert
00:11:04: haben und die wirklich großen weltweiten Jugendbewegungen. Mit der deutschen Musik
00:11:11: ist es immer so eine Sache, dass die eigentlich immer auf einem deutschsprachigen Raum begrenzt
00:11:14: bleibt und deswegen da ihre Wichtigkeit hat. Aber das gibt es natürlich in jedem Land. In Frankreich
00:11:22: gibt es viele tolle Musik, die aber eigentlich nur in Frankreich Leute kennen und natürlich
00:11:27: im spanischen Raum und natürlich jetzt in Afrika oder Brasilien ist es noch einmal ein ganz
00:11:31: anderer Kosmos. Aber ich bin schon eher von diesen angloamerikanischen Phänomenen ausgegangen,
00:11:41: die ja trotzdem auch uns alle hier, auch in Österreich, ganz stark beeinflusst haben.
00:11:48: Boris: Ich habe noch eine Frage zu deinem, bevor ich noch ein bisschen ins Literaturbereich
00:11:53: auch komme. Das habe ich nur gehört und ich wollte fragen, ob das stimmt. Ich habe die
00:11:59: Geschichte gehört, da gibt es eine Zeitschrift, oder es gab eine Zeitschrift, "The Guitarplayer".
00:12:02: Und angeblich warst du der einzige Österreicher,
00:12:07: der jemals da unter den Top-Gitarrenspielern der Welt aufgetaucht ist. [Hans lacht] Stimmt diese Geschichte so oder ist das...
00:12:14: Hans Platzgumer: Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, ich habe so Gitarrenmagazine irgendwie nie gelesen, aber ich habe damals als [zögert]
00:12:21: wichtiger Gitarist gegolten, was eher Zufall war, weil ich nie der große Virtose war, aber man hat halt zum
00:12:31: gewissen eigenen Stil und als so etwas kann man das... Also ich wurde auch von der "Spex" Gitarrengott genannt, so das war mir ... [zögert, Boris lacht]
00:12:38: Aber ich war auch viel zu jung eigentlich, das hat mir zwar geschmeichelt, aber gleichzeitig irgendwie auch alles ein bisschen den Kopf verdreht
00:12:45: und irgendwie war's auch Quatsch, aber, ja, es sind schon gewisse Sounds bei meiner Gitarre rausgekommen, die teilweise ziemlich einzigartig waren.
00:12:59: Ja, damit hat sie es aber auch schon. Und dann hat sie mich auch irgendwann nicht mehr interessiert.
00:13:05: Ab Mitte der 90er hat mich die Gitarre überhaupt nicht mehr interessiert, weil da ist dann auch so Elektronik aufgekommen,
00:13:16: dann hat "Massive Attack" glaube ich, ihr Album rausgebracht und dann hat man den ersten Atari-Computer gehabt.
00:13:23: Es war da alles viel, viel, viel interessanter, als wie ständig dieses Sechseitenklampfe da irgendwie zu bedienen. [Boris lacht]
00:13:30: Und ich habe die E-Gitarre dann... Ich habe es auch fast irgendwie für meine Begriffe zu gut gekonnt.
00:13:37: Nämlich in dem Sinn, dass es mir langweilig war, ich habe es in die Hand genommen und es ist sofort irgendwie, war's irgendwie...
00:13:45: Also, ich habe das schon spannend gefunden, wenn man einfach Sachen so in einer Anfang-Euphorie mit so einem Anfänger-Enthusiasmus macht,
00:13:54: das konnte ich mit der Gitarre dann nicht mehr machen, dann habe ich ganz viele andere Instrumente,
00:13:58: großteils lang nur elektronische, aber dann auch alles Mögliche. Vor ein paar Jahren habe ich ganz viel am Cello gemacht,
00:14:04: obwohl ich nie Cello gelernt habe. Aber das ist irgendwie spannend.
00:14:09: Das Spannende in der Musik ist ja irgendwelche Sounds zu erzeugen, mit denen Stimmungen und Atmosphären zu erzeugen.
00:14:15: Und das können die billigsten, einfachsten, kaputten Instrumente sein.
00:14:21: Oder natürlich auch ein ganz teure Konzertflügel für 500.000 Euro. [lacht]
00:14:29: Boris:Und wenn du sagst, die Gitarre war dir dann irgendwann langweilig.
00:14:32: Wie du ja vorhin schon gesagt hast, du schreibst ja auch schon lange Literatur oder Essays, Romane.
00:14:39: Ist das was, wo immer was Neues passiert dann für dich?
00:14:42: Oder hast du da auch mal das Gefühl, du bist schon in der Routine?
00:14:45: Hans Platzgumer: Ja, es ist ein bisschen anders, aber ich habe halt Gitarre wirklich sehr früh angefangen mit fünf oder so.
00:14:54: Das heißt, ich habe quasi im Aufwachsen, schon diese Gitarre in der Hand gehabt und habe ... das war halt für mich so.
00:15:01: Also hat man sich gar nicht mehr gewundert.
00:15:03: Das war so ganz normal, wie man zwei Ohren hat, hat man eine Gitarre auch.
00:15:08: Und zur Literatur bin ich dann erst, habe ich erst 1999 angefangen zu schreiben.
00:15:14: Das heißt, mit 30 und da ist man dann natürlich schon deutlich reifer und reflektierter als, wie mit fünf, sogar ich.
00:15:23: Und man hat dann automatisch irgendwie einen anderen Zugang dazu.
00:15:30: Boris: Mehr Distanz, oder?
00:15:32: Hans Platzgumer: Distanz [zögert] ja, ja.
00:15:36: Boris:Also hätte ich jetzt so für mich gesagt ...
00:15:38: Hans Platzgumer: Es ist ja sowieso was anderes. Man kann natürlich das alles sehr vergleichen, die ganzen Künste.
00:15:42: Aber Musik machen und Literatur schreiben ist schon was anderes auch.
00:15:48: Und dann natürlich im Feinen gibt es auch noch die Unterschiede.
00:15:51: Es ist auch ein Essay zu schreiben, was anderes als ein Roman zu schreiben.
00:15:55: Und das sind dann schon immer, ich mag schon wahnsinnig gern immer Herausforderungen und irgendwie neue Sachen und so Visionen nachzuspüren.
00:16:05: Und irgendwas Neues zu entdecken, das mir vorkommt, das ist noch nie in der Form gemacht worden.
00:16:12: Irgendwo so ein bisschen Pionierarbeit zu leisten.
00:16:15: Und da hat man dann halt hin und wieder eine bestimmte künstlerische Vision.
00:16:19: Und dann jagt man der nach. Und das ist das Tollste und Befriedigendste am Künstlerdasein überhaupt, wenn man so etwas größerem Nachspüren kann.
00:16:30: Und das dann vielleicht auch erreicht.
00:16:33: Und das ist natürlich in der Literatur bei so Romanen, bei jedem Roman dann von Neuem eine neue ...
00:16:42: Ich schreibe auch nicht immer dieselben Romane, sondern das sind auch schon sehr unterschiedliche Herangehensweisen, teils große, teils kleine.
00:16:52: Boris:Eine Sache, die ich jetzt schon seit einiger Zeit immer meine Gäste frage, ist das Thema - oder ansprechende - ist das Thema KI.
00:17:00: Und da gibt es auch sehr unterschiedliche Einschätzungen, inwieweit diese Artificial Intelligence, künstliche Intelligenz sich auswirken wird auf -
00:17:08: und in deinem Fall muss ich jetzt schon fragen, Musik wie auch Literatur. Wie schätzt du das für dich ein? Hat das eine Relevanz oder?
00:17:15: Hans Platzgumer: Also, man könnte jetzt da ewig lang darüber reden, die ganze Popmusikgeschichte ist immer vorangetrieben worden durch technische Entwicklung.
00:17:26: Also die ganze Popmusik und dadurch auch die ganze Gesellschaft, weil die Popmusik wie ein Motor für die gesellschaftliche Entwicklung war,
00:17:33: die ist zuerst heraus angefangen von immer besseren Mikrofonen, so dass im Jazz dann plötzlich Bebop entstanden ist, weil man plötzlich Solisten hörte oder Gesangstechnik, Gesänger sind ganz anders geworden.
00:17:46: Dann sind die Gitarrenverstärker aufgekommen, sind die viel lauter worden und plötzlich haben die "Kings" dann - Rock entstanden.
00:17:53: Und das ist dann natürlich die Synthesizer. Und so ist es immer weitergegangen.
00:17:58: Und bis hin zur elektronischen Musik, wo dann Audio-Recording und das alles mit Computern und dadurch ist, hat sich das immer wahnsinnig, also ohne das gäbe es die musikalische Entwicklung gar nicht.
00:18:11: Insofern würde man jetzt vielleicht denken, künstliche Intelligenz ist wieder so ein Schub.
00:18:16: Das ist aber etwas anderes, glaube ich, weil künstliche Intelligenz ja keine neue irgendwie Technologie, es ist ja auch der Ausdruck irgendwie falsch.
00:18:26: Das ist ja eigentlich nur ein Datensammeln und ein Datenauswerten, mehr ist es ja nicht.
00:18:30: Das heißt, es wird nichts Neues irgendwie erschaffen, sondern es ist nur faszinierend, wie schnell und wie viel Datenmenge da irgendwie etwas herausspuckt oder etwas analysiert oder zusammenfasst.
00:18:47: Insofern ist es ein wahnsinnig praktisches Tool.
00:18:50: Jetzt ist es immer auch bei der Literatur. Es ist für viele Sachen praktisch, auch unheimlich und macht die Sachen schwieriger und undurchsichtiger.
00:19:00: Aber es ist keine künstlerische Innovation, es ist kein künstlerischer Schub.
00:19:08: Ich habe es auch schon mehrfach probiert, mit KI irgendwie versuchen, etwas literarisch Vernünftiges irgendwie zu schreiben oder sowas, aber da kommt wirklich nur Dreck dabei raus, da kommt nur Müll dabei raus.
00:19:21: Man kann dann in den Müll natürlich vielleicht irgendwie verwenden.
00:19:24: Das ist ja auch in der Popmusik ganz oft so gewesen, dass eigentlich in der Technik die besten Anschübe für Innovationen in der Musik waren immer die, wo in der Technik was schief gelaufen ist
00:19:36: und das dann so verwendet worden ist, wie es eigentlich nicht geplant war.
00:19:40: Da gibt es von Roland zum Beispiel, wo die in den Anfang 80er Jahren haben sie so ein Bass-Synthesizer auf den Markt geworfen, der eigentlich dazu geplant dafür geplant war, dass er die Bass-Gitarre eins zu eins ersetzt.
00:19:54: Es ist völlig in die Hose gegangen, weil es klingt null wie ein echter Bass, aber genau dadurch, dass es so daneben gegangen ist, hat er so einen ganzen neuen Musikstil irgendwie, nämlich "Acid House" erschaffen.
00:20:08: Und das sind die spannenden Sachen und deshalb müsste man wahrscheinlich, das versuchen eh schon dauernd überall Leute, die KI irgendwo dort hinzubringen, wo sie Fehler macht und vielleicht über diese Fehler irgendwas passieren.
00:20:23: Andererseits haben natürlich alle verständlicherweise Angst, wenn die KI Fehler macht, sieht man ja was dann dabei rauskommt.
00:20:30: Und der, wo KI eigentlich verwendet wird, ist eigentlich nicht der künstlerische Bereich, sondern wo sie, glaube ich, wirklich Sinn macht, ist der medizinische und Rüstungsbereich.
00:20:42: Und da will man natürlich nicht, dass sie Fehler macht, weil da sind Fehler tödlich oder vielleicht sogar wirklich Menschenleben auslösched.
00:20:52: Im Künstlerischen ist das ganz was anderes und da finde ich KI keine inspirierende und irgendwie zukunftsweisende Technik.
00:21:02: Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass da irgendwie was draus wird, dann müsste sich weiter verändern, aber vielleicht kommt irgendwas dazu, dass sie dann wieder spannend macht.
00:21:11: Boris: Ja, vielen Dank für deine ganzen Antworten. Zum Abschluss bitte ich dich jetzt noch um den literarischen Tipp für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer.
00:21:21: Hans Platzgumer: Ach so, [räuspert sich] so literarische Tipps sind immer schwierig, weil es hängt immer von den Büchern, mit Musik ist es gleich, die man in einer gewissen Dings liest.
00:21:37: Und dann später ist man vielleicht wieder enttäuscht. Es hängt auch ganz viel mit der Erwartungshaltung immer ab.
00:21:45: Deshalb versuche ich eigentlich auch nie wirklich andere Kritiken vorher zu lesen.
00:21:51: Und das Beste ist, wenn einem der Zufall plötzlich irgendwie ein Buch in die Hände spielt, das einen dann aushebelt.
00:22:01: Das ist mir so lustigerweise [lacht] wirklich so gegangen, dass ich bei so einem Altpapiercontainer irgendwie Altpapier entsorgt habe und dann ist da so ein schäbiges, wirklich nicht schön aussehendes Taschenbuch daneben gelegen.
00:22:16: Hat jemand hingelegt, der schon, oder die schon wollte, dass es vielleicht gefunden wird. Dann habe ich es mal mitgenommen und habe dann lesen angefangen.
00:22:27: Und das hat mir unfassbar gut gefallen. Ein französischer, ich glaube, es ist aus den 80er Jahren oder etwas später sogar, französischer Schriftsteller Philippe Claudel.
00:22:39: Auf Deutsch, das war im Rowohlt-Verlag, in einer deutschen Übersetzung, hat es geheißen "Die grauen Seelen".
00:22:45: Und ich wusste nichts von diesem Buch, außer dass das Cover wirklich schwach war, hat wirklich gar nicht einladend ausgesehen.
00:22:52: Aber man hat es dann schon mal in der Hand gehabt und reingelesen und ich konnte nicht mehr aufhören.
00:22:56: Das zu lesen, es ist eine dermaßen gut gestrickte, gut gebaute Geschichte.
00:23:02: Man merkt es ja bei Büchern ist es immer ganz wichtig, ob man der Autorin oder dem Autor vertraut oder nicht.
00:23:11: Also, dass der jetzt, oder die jetzt, was im Schilde führt, dass sich irgendwie im Endeffekt irgendwie einlöst.
00:23:18: Das Schlimmste ist ja, wenn Bücher das nicht einlösen oder da ist man schon lieber, sie probieren es gar nicht erstmal.
00:23:24: Aber dieses Buch legt viel hin und löst irgendwie alles ein, wahnsinnig atmosphärische Geschichte, kann ich empfehlen.
00:23:33: Boris: Ja, vielen herzlichen Dank. Ich freue mich schon sehr auf den heutigen Abend [Hans: Ich auch! lacht] und danke, dass du unser Gast bist.
00:23:39: Hans Platzgumer: [lachend] Danke.
00:23:55: [Outro-Musik] [Boris spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Boris spricht]
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