Teatime: „Das Lied des Achill“, „Die Stille der Frauen“ und weitere Greek Mythology-Must-Reads
Shownotes
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Von Homer zu Madeline Miller: die Nacherzählung griechischer Mythen und Legenden lag immer schon im Trend. Homer wusste, wie man das Publikum verzaubert: Er integrierte die griechische Götterwelt in den literarischen Mainstream, damals noch ziemlich im Male Gaze ™ verhaftet. In Gesängen wurden seine Epen „Ilias“ und „Die Odyssee“ vorgetragen.
In der heutigen Folge setzen Shelly und Jaci sich mit der griechischen Mythologie auseinander, von den literarischen Ursprüngen über römische Götterwelt („Metamorphosen“ von Ovid, anyone?) bis hin zu BookTok-Sensationen wie „Das Lied des Achill“ von Madeline Miller, die für viele Leser*innen das Beste aus beiden Welten bietet: klassische Stoffe frisch erzählt. Es geht um Modernisierung, dem Erzählen von marginalisierten Perspektiven, um Götter, Halbgötter und Menschen und, seufz, um tragische Liebe.
Gibt’s auch in der Stadtbibliothek: „Die Odyssee“ von Homer: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/119443 https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/79024
„Ilias“ von Homer: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/3958
„Das Lied des Achill“ von Madeline Miller: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/97471 (ebook)
„The Silence of the Girls“ (dt. „Die Stille der Frauen“) von Pat Barker (englisches Original): https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/53829
„Stone Blind“ von Natalie Haynes: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/106453
Die „Percy Jackson“-Reihe von Rick Riordan: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/simple_search?query=percy%20jackson
Auguste Lechners Nacherzählungen berühmter Stoffe: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/simple_search?query=auguste%20lechner
svorwort #bibcast #popcast #gemeinsambesserlesen #stadtstimmen
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00:00:00: [moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [moduliert]
00:00:06: [Intro-Musik] Shelly: Hallo und herzlich willkommen beim Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck
00:00:26: und heute wieder bei einer neuen Folge von der Teatime.
00:00:29: Mein Name ist Shelly und gegenüber von mir sitzt meine liebe Kollegin, die Jaci.
00:00:34: Jaci, griechischer Bergtee.
00:00:38: Jaci: Ja.
00:00:39: Shelly: Auch als griechisches Eisenkraut bekannt, wird schon seit der Antike von Hirten als
00:00:44: Tee getrunken, hast du das gewusst?
00:00:46: Jaci: Nö.
00:00:47: Es handelt sich nicht um eine Tee-Mischung, sondern um ein Kraut aus der Familie der
00:00:52: Lippenblütler.
00:00:53: Jaci: Lippenblütler.
00:00:54: Shelly: Das haben Schafhirten anno dazumal schon als Bergtee getrunken, also als Schlummertrunk
00:01:03: und das hat eine beruhigende Wirkung und die Herkunftsregionen, also in seinen Herkunftsregionen
00:01:11: setzt man das auch in der Volksmedizin noch ein, bei Erkältungen oder Magenproblemen.
00:01:17: Jaci: Sehr spannend.
00:01:18: Ihr kennt Eisenkraut nur von "The Vampire Diaries", wo das als Abwehr gegen Vampire benutzt
00:01:23: wird. [lacht]
00:01:24: Shelly: Was trinkst du heute? Eisenkraut? [Jaci lacht]
00:01:26: Jaci: Bei mir gibt es heute Lemon and Ginger Tea.
00:01:29: Shelly: Und bei mir gibt es, was gibt es bei mir?
00:01:33: "Deine Gelassenheit".
00:01:34: Jaci: Also quasi griechischer Bergtee zur Gelassenheit.
00:01:38: Shelly: Stimmt, zur Beruhigung.
00:01:40: [Jaci schnalzt mit der Zunge; Soundbite: Tee wird eingeschenkt, umgerührt, Schluck getrunken]
00:01:41: Shelly: So, und was geht es denn heute, Jaci?
00:01:51: Jaci: Wie die Shelly uns schon mit ihrem tollen griechischen Bergtee einen passenden Einstieg
00:01:57: ermöglicht hat, geht es heute um Greek Mythology Retellings, das heißt Neuerzählungen griechischer
00:02:04: Mythologien und die liebe Shelley hat immer eine Definition für uns rausgesucht.
00:02:08: Shelly: Natürlich haben wir das.
00:02:10: Die Neuinterpretationen von griechischer Mythologie auf Englisch "Greek Mythology Retelling", so,
00:02:18: sind eine literarische Gattung, in der Geschichten aus der klassischen griechischen Mythologie
00:02:23: neu erzählt werden und entweder in einen modernen oder einen futuristischen Kontext gesetzt
00:02:29: werden.
00:02:30: Jaci: Genau.
00:02:31: Und angefangen hat diese ganze griechische Mythologie mit The Man Himself: Homer.
00:02:37: Shelly: The Man oder [Anm. d. Red.: grammatikalisch Mehrzahl] The Man, wir wissen das nicht, Homer ist da ein bisschen der schwammige Figur
00:02:44: in der Geschichte.
00:02:45: Jaci: Stimmt.
00:02:46: Da gibt es die berühmte homerische Frage, die sich nur darum dreht, wer Homer war, ob
00:02:50: es ihn wirklich gegeben hat, weil es alles ziemlich unlogisch ist, dass ein Mann die "Ilias" und
00:02:57: die "Odyssee" geschrieben hat, weil die beiden Werke eigentlich so ungefähr 200 Jahre auseinander,
00:03:02: glaube ich, angesetzt werden und niemand wirklich so alt werden könnte.
00:03:07: Aber ich meine, das waren die Griechen, da war ja vieles anders noch. [Shelly schmunzelt]
00:03:10: Aber genau.
00:03:11: Aber wie genau hat es denn angefangen?
00:03:14: Die Shelly hat da auch noch ein paar Hintergrundinformationen für uns.
00:03:17: Shelly: Genau.
00:03:18: Also, Homer hat, wie gesagt, diese zwei Epen unter anderem geschrieben.
00:03:22: Er hat dann, glaube ich, noch so Poesie und so Gedichte verfasst, also Lobgesänge an
00:03:30: die Götter.
00:03:31: Aber mit diesen Epen ist er halt berühmt worden, [beide lachen] weiß nicht wie man da sagen soll ...
00:03:37: Genau.
00:03:38: Und das ist eben die "Ilias" und die "Odyssee".
00:03:40: Und er hat aber in der "Ilias" und der "Odyssee" diese ganze Götterwelt, die griechische Götterwelt
00:03:48: nicht erfunden, sondern sie quasi in den literarischen und kulturellen Mainstream integriert.
00:03:54: Er hat eine einigermaßen kohärente Darstellung zusammengeführt, also hat den Göttern auch
00:04:04: Charaktereigenschaften gegeben, sie sind ja sehr vermenschlicht bei Homer, was ja ziemlich
00:04:09: einzigartig ist bei der Religion.
00:04:13: Man würde jetzt nicht in anderen Religionen Charaktereigenschaften so menschliche ihnen
00:04:19: zuschreiben.
00:04:20: Jaci: Was ich immer so cool finde, wenn man das weiß, die "Ilias" besteht ja aus 24 Gesängen
00:04:27: und Gesänge heißen sie auch deswegen, weil das ganz am Anfang bevor es natürlich verschriftlich
00:04:32: worden ist, weil es damals unsere heutige Schrift und Bücher in dem sie nicht gegeben hat,
00:04:37: ist das alles mündlich vorgetragen worden von Sängern.
00:04:40: Und das finde ich total imposant, wenn man sich immer vorstellt, wie dick die "Ilias" als
00:04:46: Buch bei uns ist, wie viel Text die da früher auswendig lernen haben müssen und wie
00:04:51: lang das gedauert haben muss, das waren auch mehrere Abende dann immer, deswegen ist auch
00:04:55: oft in den Büchern das so Cliffhanger-mäßig, dass quasi die Leute am nächsten Abend wiederkommen
00:05:00: zum Zuhören.
00:05:01: Aber das finde ich einfach so cool, wenn man sich vorstellt, wie das damals alles quasi
00:05:05: angefangen hat.
00:05:06: Shelly: Schauspieler, dazumal ist was sicher kein einfacher Job.
00:05:11: Genau jetzt habe ich nur einen kleinen Überblick, wie diese Götterwelt denn überhaupt aufgebaut
00:05:17: ist.
00:05:18: Wir haben einmal diese zwölf Olympia, also die zwölf olympischen Götter, die am Olymp
00:05:23: auf diesem Berg oben sitzen und auf die Menschen runterschauen.
00:05:26: Da haben wir den Zeus, den Göttervater, seine Frau, die Hera, die Göttin der Ehe und der
00:05:33: Familie, Poseidon der Gott des Meeres, Demeter, die Göttin der Ernte und der Landwirtschaft,
00:05:40: Athene, die Göttin der Weisheit, der Strategie und des Krieges, Apollo, der Gott des Lichts, der
00:05:45: Musik, der Künste und der Prophezeiung, Artemis, die Göttin der Jagd, der Natur,
00:05:50: der Wildtiere, Ares, der Gottes des Krieges, Aphrodite, die Göttin der Liebe und der Schönheit, Hephaistos,
00:05:57: der Gottes des Feuers, der Schmiedekunst und der Technik, Hermes, der Götterbote, Hestia,
00:06:03: die Göttin des Herdfeuers und des häuslichen Lebens.
00:06:06: Also das sind einmal die zwölf Hauptgötter, die ja eine große Rolle spielen in der "Ilias" und
00:06:13: in der "Odyssee" und dann gibt es noch die Primordialgötter, die repräsentieren die
00:06:20: grundlegenden Kräfte des Universums und existieren seit den Anfängen der Welt.
00:06:26: Also die legen irgendwie so die Grundlage für alles, was danach gekommen ist.
00:06:30: Das ist Chaos, Gaia, Uranos, Tartaros und Eros und dann gibt es so die Titanen, Kronos,
00:06:39: der Zeus, ist ja zum Beispiel aus dem Kopf des Kronos emporgekommen?
00:06:45: Jaci: Na, Kronos hat Angst gehabt, dass Zeus ihn stürzt und hat ihn deswegen gegessen und die Gaia hat
00:06:49: ihn dann, glaube ich, wieder gerettet und hat ihn dann quasi aus Kronos rausgezogen wieder.
00:06:55: Shelly: Ja, stimmt.
00:06:56: Jaci: Die Athene ist aus den Gedanken des Zeus erschienen, so war das.
00:06:59: Shelly: Ja, so war das, genau.
00:07:00: Und vor den Olympischen Göttern eben die Titanen, Kronos, Rheia, Okeanos, Hyperion,
00:07:05: [unverständlich] und kann ich nicht aussprechen, Mnemosyne, [Jaci: Ja, klingt richtig.], und dann gibt es eben
00:07:15: noch weitere Götter und Gottheiten und eben auch Halbgötter und Helden, sowie Heracles
00:07:20: oder Hercules, wie man es aus der Disney-Adaption kennt, [lacht] Perseus, Achilles [betont] und Theseus.
00:07:28: Genau.
00:07:29: Und warum habe ich Achilles jetzt so betont, wollen wir schon mal ein Foreshadowing machen?
00:07:33: Jaci: Darf ich ganz kurz, du hast einen Gott jetzt, glaube ich, vergessen, weil er nicht
00:07:37: zu den Olympischen Göttern gehört, Hades, ist der Gott der Unterwelt.
00:07:40: Shelly: Ja, der ist bei den weiteren wichtigen Götter und Gottheiten.
00:07:43: Jaci: Okay, eben weil der ist ja quasi ein Bruder eigentlich von Zeus und Poseidon, also gehört
00:07:47: eigentlich schon zu den Olympischen Göttern, ist aber eben quasi Herr der Unterwelt, deswegen
00:07:51: wohnt er nicht am Olymp, aber trotzdem ist er recht wichtig.
00:07:54: Shelly: Ja, und dann gibt es ein Dionysos, Hekate, Asklepios.
00:07:59: Nike und Eros, die ich auch noch nicht genannt habe, aber die natürlich auch wichtig sind.
00:08:03: Nur die Folge sollte nicht länger als eine halbe Stunde dauern ... [lacht]
00:08:05: Jaci: Tschuldigung.
00:08:06:
00:08:07: Wir haben jetzt quasi schon 10 Minuten aufgenommen und nur über die Götter geredet. [lacht]
00:08:10: Die Frage, die man sich jetzt natürlich stellt, wenn man jetzt alles weiß mit den
00:08:15: Göttern und so, das ist natürlich mega kompliziert, sich das alles anzueignen und das alles zu
00:08:19: wissen und dann stellt man sich die Frage, wieso faszinieren uns dann diese Mythen bis
00:08:25: heute eigentlich?
00:08:26: Wenn es eigentlich recht kompliziert ist und recht strukturiert abläuft, alles, weil
00:08:30: wenn man eine Sache dann quasi nicht weiß, blickt man oft gar nicht mehr durch.
00:08:34: Was ich für mich mir rausgedacht habe, wieso die so noch immer so faszinierend sind und
00:08:41: warum sie jetzt eben auch neu erzählt werden, ist, dass das Leser*innen eben erlaubt, diese
00:08:46: altbekannten Geschichten, die man eben vielleicht schon aus Kindheit oder sowas kennt, mit einem
00:08:51: frischen Blick jetzt zu betrachten, also man wächst ja quasi auch mehr auf und dann interessiert
00:08:56: eine wie die andere Mythen und man schafft es dann eben mit gerade mit den Neuerzählungen
00:09:03: diese Geschichten in neues Licht zu rücken.
00:09:06: Und was jetzt auch eben ganz ein großer Trend ist im Zusammenhang mit Greek Mythology Retellings
00:09:13: ist auch feministische Neuerzählungen, wo eben dann marginalisierte Stimmen in den
00:09:17: Vordergrund kommen.
00:09:18: Also jetzt nicht nur Frauen, sondern eben auch Helden und Götter, die eben in Vergessenheit
00:09:23: geraten sind oder auch einfach Götter von Gruppen, die jetzt ... zum Beispiel die Nymphen,
00:09:29: die waren damals nicht so angesehen und da kommen jetzt auch wieder mehr Stimmen, einfach
00:09:32: auch als marginalisierte Gruppe.
00:09:34: Diese Neuerzählungen verbinden dann auch eben klassische Bildung sozusagen mit moderner
00:09:41: Literatur, was dann eben auch einfach einen interessanten Mix bietet und es ist einfach
00:09:46: auch spannend zu lesen und zu sehen wie sich ein Mythos verändert, wenn er eben an unsere
00:09:51: Zeit entweder angepasst wird oder aus unserer neuzeitlichen Perspektive einfach erzählt
00:09:56: wird.
00:09:57: Und falls sich viele jetzt denken, ja okay, denn Trend gibt es ja schon lange, da haben
00:10:02: alle recht.
00:10:03: Also das ist jetzt kein neuer Trend, der jetzt nur wegen Instagram oder sowas kommen ist.
00:10:08: Diesen Trend der Neuerzählung gibt es schon seit Jahrhunderten, Jahrtausenden.
00:10:12: Also wir wissen ja alle, dass auch die Römer Götter haben die den Griechen sehr ähneln.
00:10:17: Also da hat sie dann quasi ein bisschen angefangen schon.
00:10:19: Shelly: Genau.
00:10:20: Also ihr habt da einen ganz [betont] groben Überblick über diese immer wiederkehrende Faszination
00:10:27: mit der griechischen Mythologie mir rausgeschrieben und wie du schon gesagt hast, beginnend bei
00:10:32: den Römern.
00:10:33: Das waren ja die Fan-Girlies-and-Boys-Number-1 von den Griechen [beide lachen] und die haben ja eigentlich
00:10:40: diese Götterwelt 1 zu 1 kopiert und haben denen nur andere Namen gegeben.
00:10:44: Die Dichter von der Goldenen Latinität, ich sag einmal Cicero, Ovid, Vergil, haben auch
00:10:51: diesen Stoff aufgegriffen und nachdem die Römer nicht mehr Thema waren, kam man ins
00:11:00: Mittelalter und da gerät aber der griechische Stoff tatsächlich größtenteils in Vergessenheit
00:11:05: zumindest in Westeuropa und wird vor allem eher im byzantinischen Osten und in der arabischen
00:11:14: Welt noch thematisiert.
00:11:17: Genau.
00:11:18: Die Renaissance ist ja bekannt als die Wiedergeburt der Antike und da haben eben Humanisten
00:11:24: wie Petrarca oder Erasmus haben diese Originaltexte studiert und diese griechischen Mythen prägen
00:11:33: in dieser Zeit auch die Kunst, die Malerei, die Literatur, also den großen Einfluss
00:11:38: darauf.
00:11:39: Dann können wir weiter zur Aufklärung, Klassizismus, da gilt die griechische Antike als das Ideal
00:11:48: von Schönheit, Vernunft und Harmonie, es gibt quasi sowas wie einen Griechenkult und
00:11:54: da wird dieser griechische Stoff eben auch erstmals übersetzt und neu inszeniert.
00:11:58: Dann gehen wir weiter in die Moderne, genau, da wird jetzt dieser Stoff auch neu interpretiert
00:12:07: aber vor allem auch kritisch aufgegriffen und griechische Tragödie werden neu inszeniert,
00:12:13: modernisiert und teils auch politisch interpretiert und die Jaci und ich haben letztens einen
00:12:22: Filmeabend bei mir zu Hause veranstaltet, [Jaci: Reine Recherchezwecke.], rein aus Recherchezwecken [Jaci lacht]
00:12:28: haben wir uns Troy vom Regisseur Peterson angeschaut von 2006, [Jaci: 2004], 2004 ist der rausgekommen genau,
00:12:38: mit Brad Pitt in der Hauptrolle [Jaci jubelt leise im Hintergrund, lacht] als Achilles, also als Achilles und Recherchezwecke deshalb,
00:12:47: weil wir uns ein bisschen mit dem auseinandersetzen wollen, wie ist die "Ilias" in dieser Verfilmung
00:12:54: interpretiert und natürlich nicht, weil Brad Pitt die meiste Zeit oberkörperfrei rumläuft. [lacht]
00:13:00: Jaci: [tut erstaunt] Was?
00:13:01: Genau, und weil wir uns in ein paar Minuten gleich auf "Song of Achilles" fokussieren
00:13:09: wollen, den Roman und deswegen eben wollten wir uns näher mit Achilles auseinandersetzen.
00:13:16: Shelly: Ganz genau.
00:13:17: Jaci: Genau, ganz kurz noch eben nach ... Dankeschön, für deine tolle Aufzählung von der gesamten
00:13:23: Literaturgeschichte der griechische Mythologie, vielleicht noch was jetzt näher an uns ist
00:13:28: jetzt als die Renaissance, was vielleicht viele auch kennen, sind die Neuerzählungen
00:13:34: von Auguste Lechner, vor allem im Österreichischen/Tiroler Kontext, glaube ich, die hat eben
00:13:41: alte Stoffe neu erzählt, eben zum Beispiel die "Odyssey" von 1961, "Hercules" auch, 1977,
00:13:48: die "Ilias" 1973 und was aber auch, glaube ich, viele kennen zum Beispiel auch "Die Nibelungen"-Sage
00:13:53: hat sie neu erzählt. Und die kennen dann auch viele eben noch aus Schulzeiten von
00:13:59: damals. Bei unserer Generation jetzt mehr bekannt ist die "Percy Jackson"-Reihe. Die ist 2005 rauskommen.
00:14:07: Shelly:Aber nicht von dieser Autorin, wo du gerade gesagt hast? - Jaci: Na Percy Jackson ist von Rick
00:14:14: Riordan. Genau, die ist 2005 rauskommen und das kennen dann viele mehr von uns. Sorry,
00:14:19: das war gerade. Also nicht Auguste Lechner hat "Percy Jackson" geschrieben, [beide lachen] sondern eben Rick Riordan.
00:14:25: Und das ist 2005 rauskommen. Ich hab die jetzt nicht mit zwölf gelesen, aber ganz viele
00:14:31: von meinen Freundinnen haben die eben damals mit zwölf dann gelesen und die hat dann in unserer
00:14:35: Generation die Greek Mythology Retellings so ein bisschen angekurbelt wieder. Und dann eben auch
00:14:40: Filme wie im "Troy", was wir gesagt haben von 2004. Oder auch der Disney-Film "Hercules" hat die
00:14:45: Shelly schon gesagt. Oder auch zum Beispiel der Film "Immortals" mit Henry Cavill von 2011.
00:14:51: Weiß nicht, ob du den kennst? - Shelly: Nein, aber Stichwort Henry Cavill hat mich schon gecatcht. [lacht] - Jaci: Also für
00:14:56: Recherchezwecke nur zu empfehlen. Wir sehen eben, die griechische Mythologie ist schon immer neu
00:15:04: erzählt worden, beziehungsweise aufgegriffen worden. Es hat die Menschheit schon immer fasziniert,
00:15:08: was damals passiert ist. Und ich meine, das kann man jetzt auch hinterfragen. Für uns ist es jetzt
00:15:13: auch reines Entertainment natürlich. Früher, war das auch Entertainment, oder haben die Leute das
00:15:18: früher wirklich auch als geschichtliche, also als faktuale Geschichte irgendwie gesehen?
00:15:24: Shelly: Glaub ich schon. - Jaci: Also eben, weil das finde ich natürlich wahnsinnig schwierig, weil früher
00:15:28: die Leute natürlich auch an diese Gottheiten geglaubt haben. Und das für die dann quasi
00:15:32: nicht wie für uns jetzt so Sagen und Mythen sind, sondern vielleicht eben faktuale Geschichten,
00:15:38: die vielleicht sogar passiert sind. Vor allem, weil ja auch es gibt ja Ruinen,
00:15:43: die auf Troja hinweisen. Also wo vermutet wird, dass das die Stadt Troja war oder eben, dass da
00:15:50: wirklich ein Krieg war und so was. Und ich meine, das kann man ja auch nicht absprechen. Es kann ja
00:15:55: natürlich auch sein, dass dieser "Homer", also ich mache gerade Anführungszeichen bei Homer, [lacht]
00:15:59: die Person des Homers von einem Krieg gehört hat, aber natürlich dann die ganze Geschichte
00:16:04: rundherum gesponnen hat. Aber das sprengt den Rahmen dieser Podcast-Folge. Vielleicht müssen
00:16:10: wir eine eigene Folge zu Homer machen. Genau, weil wir wollten uns eigentlich fokussieren auf
00:16:15: Neuerzählungen und würden jetzt anfangen mit der "Song of Achilles" von Madeline Miller.
00:16:21: Und der Roman ist 2011 erschienen und der hat dann eben nach "Percy Jackson", glaube ich,
00:16:29: würde ich jetzt so behaupten, erneut die Retellings, vor allem jetzt eben in der Young
00:16:34: Adult- und Jugendbuch-Literatur wieder groß angekurbelt. - Shelly: Aber vor allem durch Booktok und
00:16:41: Bookstargram. Das war vor ein paar Jahren erst und immer wieder ist es eines der Booktok-Bücher,
00:16:48: die man gelesen haben muss. - Jaci: Genau, also der Roman ist ganz, ganz groß auf Bookstagram und
00:16:55: Booktok und überall. Und wenn man den eigentlich nie gelesen hat, hat man eigentlich nichts auf
00:16:59: diesen Plattformen zu suchen, [beide lachen, Shelly lacht empört] wird einem so eingeredet. Das ist nicht meine Aussage, aber mir kommt
00:17:04: eben vor, wenn man das nicht gelesen hat, dann sind alle so, ja okay, was machst du dann auf
00:17:08: dieser Plattform? Weil es wirklich, er überall ist, überall, der Roman und meiner Meinung nach auch
00:17:14: verdient. Es ist ein sehr, sehr gute Roman, deswegen reden wir auch heute drüber. Und ich würde
00:17:19: ganz kurz erklären, worum es in dem Roman geht. Und zwar ist es ein historisch-mythologischer Roman,
00:17:27: der die Geschichte der griechischen Helden Achilles und Patroklos aus der "Ilias" eben von Homer neu
00:17:33: erzählt. Und zwar wird das ganze erzählt außer Sicht von Patroklos. Und wir folgen eben dem
00:17:40: Protagonisten. Er ist ein schüchtener Prinz, der von seinem Vater ins Exil geschickt wurde, nach
00:17:45: dem er aus Versehen einen Jungen umgebracht hat. Und er wächst dann zusammen mit Achilles eben in
00:17:53: dessen Heimat Pythia auf. Genau. Und Achilles war schon von Kindheit auf einer der schönsten
00:18:01: und jungen, also schönsten jungen Krieger, die es gibt. Also er ist schon immer für seine Schönheit und
00:18:07: für seine, also für seine Begabung für den Kampf quasi gefeiert worden. Und die wachsen eben dann
00:18:14: gemeinsam auf. Es entwickelt sich eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden und später dann
00:18:19: auch eine Liebesbeziehung. Und als der Trojanische Krieg ausbricht, folgen beide eben dem Ruf zum
00:18:25: Kampf und ziehen nach Troja. Und Achilles erfüllt dort eben seinen Schicksal als großer Krieger.
00:18:31: Und Patroklos muss eben mit ansehen, wie Ruhm, Ehre und Stolz quasi Achilles ein bisschen zerstören.
00:18:40: Und eben die Freundschaft der beiden und die Liebesbeziehung, der beiden leidet dann sehr
00:18:43: drunter. Und es ist ganz, ganz tragisch. Vor allem, wenn man eben die Mythologie kennt,
00:18:49: weiß man ja, dass beide sterben. [lacht] Also man weiß, es nimmt kein gutes Ende. Und dieser Roman hat
00:18:56: meiner Meinung nach auch so einen großen Erfolg, weil er einfach genau den Zahn der Zeit getroffen hat,
00:19:00: damit, dass er Sachen neu erzählt hat und aber eben gleichzeitig eine homosexuelle Beziehung
00:19:06: zwischen Achilles und Patroklos erzählt hat. Und für diese Beziehung ganz viele sind ja
00:19:12: gegen das, also ganz viele "Ilias"-Fans, sag ich mal, sind gegen diese Liebesbeziehung. Aber selbst
00:19:19: in der "Ilias" wird dauernd erwähnt, wie nah Achilles und Patroklos sich doch sind. Und da wird
00:19:24: schon zwischen allen gemunkelt eigentlich, ob da nicht mehr als nur Kameradschaft zwischen den
00:19:28: beiden ist. Weil sie quasi wie, wie, also eine Person sich oft bewegen und so was. - Shelly: Und es war ja
00:19:35: in der griechischen Antike jetzt nichts Besonderes, nichts Aufsehenerregendes, wenn zwei Männer
00:19:42: eine Beziehung führen. - Jaci: Und der Roman nicht auch ... abgesehen davon, dass er eine homosexuelle
00:19:51: Liebesbeziehung erzählt, hinterfragt aber eben auch die Strukturen der "Ilias". Gibt allen Figuren
00:19:56: mehr Tiefe, auch eben Nebenfiguren oder sowas. Und Patroklos zum Beispiel auch viel mehr Tiefe.
00:20:01: Hinterfragt eben die Struktur in der damaligen Zeit und auch den Begriff des Helden für
00:20:07: die ... Also das ist so, Achilles wird nicht mehr als der Held gefeiert, der er in der "Ilias" ist,
00:20:13: weil er einfach stark vermenschlicht auch wird in dem Roman, was nichts Negatives ist. Ich finde
00:20:18: das total positiv. Genau, du hast schon Roman auch gelesen. Was hast du da mitgenommen oder was sind
00:20:25: so die Sachen, die dir noch am meisten in Erinnerung geblieben sind? - Shelly:Ich glaube, was mir so gefallen
00:20:31: hat an dem Roman ist, wie du schon gesagt hast, der Achilles ist so vermenschlicht dargestellt worden
00:20:37: und hinterfragt so ein bisschen das Heldenbild, was er ja in der "Ilias", was die "Ilias" so geprägt hat.
00:20:43: Und ich glaube, das kommt daher, dass wir in dem Roman "Song of Achilles" auch mitlesen
00:20:50: können, wie Achilles aufwächst. Das ist also in der "Ilias", von wo mehr bist du ja gleich mitten in
00:20:56: Krieg und das ist alles dieser Kriegschauplatz und es geht viel um diese Streitigkeiten zwischen
00:21:04: den handelnden Figuren. Und eben in "Song für Achilles" hast du diesen Adoleszenz-Prozess,
00:21:12: den verfolgst du, das Erwachsen werden vom Achilles, die Beziehung zu Patroklos und man
00:21:18: hat einen ganz anderen Zugang finde ich zur Figur. Und das hat mir schon gefallen. - Jaci: Ja, auf jeden Fall,
00:21:23: weil man dann irgendwie ihn als Charakter mehr versteht und auch diesen Zwiespalt,
00:21:29: den er in sich hat zwischen "ich will eigentlich leben" und "glücklich sei ich mit den Menschen,
00:21:33: den ich lieb", aber gleichzeitig auch dieses innere Streben nach Ruhm und Anerkennung. Und wenn du
00:21:39: eben von klein auf so erzogen wirst und als dieser Halbgott gefeiert wirst, dann ist es, also da hat
00:21:44: man dann eben einen Gottkomplex. Also wie die beide das beide Figuren lernen, sie sind
00:21:49: dann beim Zentaur Chiron und den kennen eben auch viele von der "Percy Jackson"-Reihe, wo er auch als
00:21:55: Lehrer fungiert und er bildet die beiden sozusagen in seiner Heimat am Mount Pillion, bildet er die
00:22:03: aus und da sind sie eigentlich ganz abgeschieden von der Welt und eigentlich total friedsam und
00:22:08: wachsen so einem Wald auf und lernen mit der Natur umzugehen. Und dann ist so der harte Cut zum
00:22:13: Krieg und ich finde Roman geht eben mit dem ganzen Thema total gut um und man merkt dann eben und
00:22:19: man versteht Achilles mit seiner Persönlichkeit, einfach irgendwie besser finde ich. Das
00:22:24: hat er ganz toll gemacht. Und ein Roman, der für mich das ähnlich gut gemacht hat, ist "The Silence of
00:22:31: the Girls" vom Pat Barker. Hast du den gelesen? [Shelly: Nein.] Also über den bin ich auch vor ein paar Jahren gestolpert,
00:22:38: der ist 2018 erschienen und ich habe auch mal eine Masterarbeit jetzt gerade drüber geschrieben,
00:22:44: deswegen bin ich so deep in diesem "Greek Mythology" gerade drinnen und da kriegt man und das ist
00:22:51: Roman, der aus der Sicht der Briseis, also der Sklavin erzählt wird, die Achilles sich zur
00:22:56: Bettfrau nimmt oder ihm geschenkt wird und da wird eben auch Achilles näher beschrieben, nicht
00:23:03: von Kindheit auf, also wirklich nur von dem Moment an, wo Briseis ihn kennen lernt, aber auch diese
00:23:09: Freundschaft zwischen Patroklos und Achilles ist ganz ganz ganz ganz wichtig in "The Silence of
00:23:14: the Girls" und die Briseis ist in "Song of Achilles" eine Nebenfigur, also sie ist eine gute
00:23:20: Freundin dann irgendwann von Patroklos, obwohl sie für ihn Gefühle hat, aber sie ist auch da eine
00:23:26: recht wichtige Figur, aber jetzt nicht so tiefgehend jetzt und bei "The Silence of the Girls" ist sie
00:23:32: wirklich die Hauptfigur und das ist auch eine der besten feministischen Neuerzählungen griechischer
00:23:37: Mythologie meiner Meinung nach, weil da wirklich auf das Leiden der Frauen in dem Camp auch so
00:23:43: eingegangen wird, also es wird nicht nur von den tollen Kriegern erzählt und wie die alle umbringen
00:23:50: und was alles so toll ist, sondern wirklich die Frauen, wie die leiden, wie die tagtäglich
00:23:55: hungern, vergewaltigt werden, den Männern ausliefert sind und auch ganz ein toller, starker Roman, der
00:24:02: das eben so neu erzählt. Und an feministischen Neuerzählungen gibt es viele, die was in dieser
00:24:08: Tradition eben sind, zum Beispiel jetzt ganz bekannt auch "Stone Blind", der ist jetzt, also
00:24:15: "Stone Blind" von Natalie Haynes ist dieser und der erzählt die Geschichte von Medusa, dem auch
00:24:25: eine ganz meiner Meinung nach missverstandene Figur der Mythologie ist oder es gibt noch, es
00:24:32: gibt noch "Ariadne", eben zum Beispiel auch "Ariadne" oder "Elektra" auch von Jennifer Saint. und da werden
00:24:42: einfach Frauenfiguren, die in der Mythologie zwar vorkommen, aber entweder als Nebenfigur in
00:24:48: die Geschichte des Mannes fungieren oder als Eroberungen von Männern oder die entführt worden
00:24:54: sind von männlichen Helden, die kriegen dann eben ihre eigene Geschichte, wie es ihnen quasi mit dem
00:24:59: Schicksal geht. - Shelly: Genauso wie bei "Circe" von Madeleine Miller, das geht auch in die Richtung. - Jaci: Genau, also
00:25:04: Madeleine Miller hat nicht nur das "Song of Achilles" geschrieben, sondern auch "Circe", den habe
00:25:08: ich jetzt persönlich nicht gelesen. - Shelly: Ich schon. Lies den, der ist super. - Jaci: Ja, aber eben ganz, ganz
00:25:13: wichtig eben, dass diese unterdrückten Frauenfiguren neu erzählt werden und eben finden wir ganz
00:25:19: toll, ich liebe diesen Trend, es gibt ja zigtausende kommt vor mittlerweile, also jede weibliche
00:25:25: Figur aus der Mythologie, sei es eben Medusa oder Medea jetzt auch, Hera, Clymenestra, Andromache,
00:25:34: also alle weiblichen Figuren aus der "Ilias" oder aus anderen Mythen haben ihre eigene Geschichte
00:25:39: bekommen und ich finde es so wichtig und so toll, dass man eben diesen Figuren eine Stimme gibt,
00:25:44: weil es einfach so viel mehr Tiefe in diese Mythen gibt und es werden jetzt nicht nur, also das
00:25:50: sind jetzt nicht nur Romane, wo dann quasi die Frauenfiguren gefeiert werden und die Männer
00:25:54: gehasst werden, sondern die Männerfiguren bekommen auch mehr Tiefe, sie bekommen mehr
00:25:58: inneren Konflikt und Gefühle und es wird einfach auch mehr hinterfragt von allen eigentlich auch,
00:26:05: was die Götter quasi in solchen Situationen machen und wieso die Götter so und so eingreifen. Ganz
00:26:11: tolle Thematik und ich finde, es bringt auch ganz viel, wenn man solche alten Strukturen neu denkt
00:26:19: und neu umstrukturiert, [Shelly: Ein bisschen aufbricht.], genau, aufbricht und aufzeigt, hey, das war damals schon falsch und
00:26:26: vielleicht eben auch noch parallel, traurigerweise, parallel zu heutigen Zeiten noch sieht mit
00:26:30: Strukturen, die man eben damit auch aufbrechen kann und ich finde das auch sehr empowering als
00:26:36: junge Frau so was zu lesen und eben auch ganz wichtig, dass die neuen Generationen solche
00:26:40: Bücher auch lesen können. - Shelly: Also unser Fazit, wir lieben griechische Mythologie [Jaci lacht] und Greek Mythology
00:26:48: Retellings. [Jaci: Ja!] Schreibt uns doch gerne eure Meinung zu Greek Mythology und den Retellings, was ihr
00:26:55: da schon gelesen habt, was ihr uns empfehlen könnt, gerne in die DMs bei Instagram, das ist
00:27:01: stadtbibliothek.innsbruck oder ihr schreibt eine Mail an post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at. Wir
00:27:10: würden uns freuen, wir antworten gerne. - Jaci: Danke fürs Zuhören. [Outro-Musik]
00:27:18: [Pia spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und teilt der Stadtstimmen, dem
00:27:44: Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Pia spricht]
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