Kurz und Schmerzlos mit ... Thomas Arzt ("Das Unbehagen")
Shownotes
Thomas Arzt schreibt fürs Theater, fürs Radio und für die „Langstrecke, den Marathon“, wie er selbst sagt, wenn er Prosa meint. Sein zweiter Roman „Das Unbehagen“ ist 2025 im Residenz Verlag erschienen. Wie unterscheidet sich das Schreiben von Theaterstücken von Romantexten? Wie entscheidet er, welchen Stoff er als Stück verarbeitet, und was zum Roman wird? Welche Rolle spielen Tirols Berge in seinem neuen Roman? Diese und seine Gedanken zur Rolle von künstlicher Intelligenz in der Kunst und Literatur teilt Thomas mit Boris und den Zuhörer*innen. Außerdem spricht er über seine Erinnerungen an seine Zeit als Innsbruck liest-Autor 2022, als er mit seinem Debütroman „Die Gegenstimme“ in der Stadt zu Gast war.
„Das Unbehagen“ von Thomas Arzt (Residenz Verlag): https://www.residenzverlag.com/buch/das-unbehagen
„Das Unbehagen“ und „Die Gegenstimme“ gibt’s auch in der Stadtbibliothek: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/116111 https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/119627 (ebook) https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/88822 https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/88514 (ebook)
Thomas‘ Literaturtipp: Der Report der Magd von Margaret Atwood: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/simple_search?query=der+report+der+magd
svorwort #innsbruckliest #gemeinsambesserlesen #stadtstimmen
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00:00:06: Boris: "Das Unbehagen" erschienen 2025 im Residenz Verlag.
00:00:14: Das Unbehagen nimmt uns mit auf eine Reise unter die dünne Haut der Zivilisation und in eine überwältigende Natur.
00:00:24: Ein diffuses Unbehagen ist es, dass den Lehrer Lorenz Urbach mehr und mehr befällt, eine politische Unzufriedenheit, eine Überforderung, ein Übertruss.
00:00:37: Plötzlich bricht eine ungekannte Aggression aus ihm heraus. Er gerät in eine Schlägerei und verliert den Boden unter den Füßen.
00:00:47: Als Berichte über ein blutrünstiges Tier auftauchen, das in den Alpen sein Unwesen zu treiben scheint, werden in Lorenz alte Erinnerungen wach.
00:00:58: Die Medien spekulieren. Ist es ein Wolf oder vielleicht doch ein Mensch?
00:01:04: Und Lorenz denkt an seine Jugendfreundin Theresa, die Außenseiterin, die Aussteigerin, die immer schon Gewaltbereite.
00:01:14: Er bricht zu einer einsamen Wanderung in die Berge auf, setzt sich die Naturgewalten aus, auf der Suche nach dem Ungeheuer da draußen und dem Ursprung der Gewalt in sich.
00:01:42: [Intro-Musik] Boris: Hallo und herzlich willkommen zurück beim Vorwort: Kurz und Schmerzlos. Heute mit Thomas Arzt und mein Name ist Boris Schön.
00:01:52: Ja Thomas, schön, dass du da bist. Darf ich dich, wie alle unsere Gäste, als erstes einmal bitten, dich kurz vorzustellen?
00:01:59: Thomas: Ja, hallo, danke für die Einladung. Ich bin Thomas, Thomas Arzt, geboren 1983, mein Vierziger liegt hinter mir. Schreiben war immer Teil meines Lebens, war aber nie geplant, dass ich tatsächlich irgendwie so was beruflich mache.
00:02:18: Und habe in Wien studiert, viel Verschiedenes, Theater-, Film- und Medienwissenschaft, unter anderem und war immer im Schauspielhaus Wien und da hat mir so die Theaterbegeisterung gepackt.
00:02:32: Ich hab mich beworben für einen Workshop, einen Schreibworkshop und habe mein erstes Drama dort entwickelt und das hat einen Preis bekommen, das Hans-Gratzer-Stipendium und dann wurde Grillenparz 2011 im Schauspielhaus Wien aufgeführt und seitdem darf ich vom Schreiben leben und bin sehr froh damit.
00:02:55: Ich schreib vor allem für Theater, für Radio und hatte auch immer den Wunsch, Prosa zu schaffen, das ist für mich eher so die Langstrecke, der Marathon und das habe ich dann erstmals 2021 dann für mich jedenfalls vollendet mit dem Roman "Die Gegenstimme" und der war, was echt toll war, bei Innsbruck liest dann als Buch ausgewählt,
00:03:21: da war ich seit langem in Innsbruck bei diesen Lesungen und habe die noch in sehr guter Erinnerung und nun ist ein zweiter Roman entstanden und deswegen bin ich heute hier, darf aus dem "Unbehagen" lesen.
00:03:34: Boris: Also wie du bereits gesagt hast, warst du 2022 in Innsbruck mit deinem ersten Roman bei der Aktion "Innsbruck liest" und da werden ja 10.000 Bücher in der Stadt verteilt, das ist schon eine, würde ich sagen, recht öffentlichkeitswirksame Literaturaktion und was kannst du dich noch erinnern aus der Zeit?
00:03:56: Hast du noch besondere Erinnerungen? Hat es Momente gegeben, die vielleicht noch so manchmal aufploppen oder so?
00:04:03: Thomas: Na ja, es geht um die direkte Begegnung mit den Menschen, das ist schon toll, weil die bekommen ja Gegenwartsliteratur vorgesetzt, das ist ja ungewöhnlich, es geht jetzt nicht um einen breitenwirksamen Bestseller, sondern da ist was mit dem man sich auseinandersetzen muss.
00:04:18: Der Roman thematisiert ein ernstes Thema, es geht um Nationalsozialismus und diese Anschlussabstimmung 1938, ich erzähle halb eine Familiengeschichte, eine Dorfgeschichte, war auch ein politischer Vorgang und da war diese Signierstunde, glaube ich, in der Shopping Mall und ich war nicht darauf gefasst, wie viele Menschen davon wussten, dass es das Buch gibt, dass man zu mir kommen kann und weil ich eine Familiengeschichte erzähle, erzählt dann jeder auch
00:04:47: seine Familiengeschichten, von damals, wie das war, ich muss mal den Opa und die Oma fragen oder ich muss selbst mal schauen und dann auch so ablehnende Dinge: Da war doch ein Mann, ich glaube der hat das einfach so, vokativ von der Ferne einfach so gesagt, [im Dialekt] "mit dem Buch kannst du da nur den Oasch auswischen" und das ist halt toll, dass man diese Begegnungen hat und dann gleich wieder drauf jemanden, der,
00:05:16: das total inspirierend findet und wichtig, dass über die Vergangenheit erzählt wird, da ist schon, glaube ich, das Einzigartige in Österreich, dass man so eine ganze Stadt damit erreicht eigentlich und Innsbruck hat glaube ich eine gute Größe, das ist wirklich so, dass es ein Stadtgespräch kurzmal war.
00:05:39: Boris: Du hast vorhin schon gesagt, dass du ja hauptsächlich als Dramatiker arbeitest und hast schon gesagt, der Roman ist für dich ein bisschen die Langstrecke, aber trotzdem noch einmal, wie unterscheidet sich da bei dir die Herangehensweise oder wann kommt dir vor, du hast jetzt plötzlich ein Stoff oder ein Thema, wo du sagst, jetzt würde ich einen Roman draus machen und kein Theaterstück vielleicht oder kein Hörspiel.
00:06:05: Thomas: Ich hatte früh den Eindruck, es liegt am Stoff, ich glaube, es ist eine Entscheidung bei mir mittlerweile, ich habe mich einfach in der Dramatik sehr gut wohlgefühlt, zu Hause gefühlt, das ist auch ein Handwerk, das man sich erarbeitet und wenn man dann über einen Stoff stolpert, den Thema hat, Figuren vor sich hat, dann spiele ich das im Kopf schon durch, es ist dann meistens natürlich ein Hollywood-Film und man hofft, dass man ein Drehbuch schreiben kann, dann macht man auch das, was pragmatisch ist und das ist das, was ich mir auch sehr gut gemacht habe,
00:06:34: und ich habe das mit den Menschen zusammen mit, die man zusammenarbeiten kann und da waren auch viele Theater, mit denen ich gut in Verbindung bin.
00:06:44: Ich habe dann die Stoffe mitgenommen, dort hin und irgendwann dachte ich, es gibt ja diese eher private Familiengeschichte, aus dem dann "Die Gegenstimme" wurde und ich habe das für mich entschieden, das will ich keinem Theater geben, weil ein Theaterstück ein unfertiger Text ist, der wird erst auf der Bühne fertig durch den Prozess.
00:07:03: Ich wollte was machen, das ich mit mir ausmache und da war diese persönliche Familiengeschichte richtig, als Einstieg für eine längere Prosa und mittlerweile habe ich das gefühlt, ich verstehe das besser und sehe nun die Figuren, rumwandeln und die Themen mehr prosaisch angehaucht, als früher dramatisch vielleicht, als Situation.
00:07:26: Es ist eine Lust, glaube ich, auch, die man hat. Ich habe sehr viel Theater und sehr viel Stücke über Vergangenes gemacht und jetzt habe ich für mich entschieden, ich will was über Gegenwart schreiben und ich will mir mehr Zeit lassen.
00:07:39: Vom Erzählfaden hat es schon ein anderes Tempo und einen anderer Atem. Ich habe eine Ahnung von etwas und eine dringliche Frage, das ist der Schreibanlass. Etwas hält mich wach, ich will was lösen und durchschreiben nicht nur für mich persönlich, sondern auch für etwas, was die Gesellschaft eventuell betreffen könnte.
00:08:00: Dann ist es für mich ein Text, den ich veröffentlichen möchte und ich habe so eine Ausgangssituation, mit der ich starte. Und dann ist es eine Suchbewegung und das kann ich ganz gut aufschlüsseln.
00:08:19: Wenn ich die ersten Seiten vor mir habe, dann merke ich, da hin führt es. Und wenn dieser Punkt nicht kommt, dann ist es auch nur zu wage. Dann verwerfe ich das auch und trage das noch weiter mit mir rum. Es ist so etwas wie ein Initialfunke, der wohin führt und eine Intuition, dass das eigentlich eine gute Geschichte werden könnte, aber meistens weiß ich nicht, wie es ausgeht.
00:08:43: Boris: Und ist das am Schluss, wenn du sagst, du das Gefühl hast, es ist fertig, ist es dann ein Bild, das du hast oder ist es eine Lösung auf eine Frage oder ein Thema? Weißt du, wie ich meine?
00:08:54: Thomas: [lacht leise] Also würde ich sagen, es ist unterschiedlich. Ich hatte schon, glaube ich, Momente, wo ich dachte, das habe ich jetzt gut abgearbeitet. Vielleicht ist das nicht unbedingt der beste Text, weil er zu geschlossen ist. Es gibt dann sehr viele Fragezeichen öfters am Ende.
00:09:09: Also meistens führt mich ein Text dann wieder woanders hin. Es ist dann eher so, man hat das Gefühl, man hat das für sich fertig erzählt, auch wenn man nicht ganz am Punkt ist. Aber ich gebe das jetzt ab, weil ich schon wieder woanders bin.
00:09:24: Jeder Text hat nicht unbedingt das gleiche schlüssige Ende für mich.
00:09:30: Boris: Eben zu "Das Unbehagen", den zweiten Roman von dir zu kommen, der hat ja, wie du, glaube ich, schon vorher gesagt hast, spielt ja eher in der Gegenwart. Das ist ja kein historisches Thema.
00:09:42: Ich würde jetzt mal sagen, vielleicht auch dem Titel entsprechend so ein bisschen eine unbehagliche Atmosphäre. Da würde mich interessieren, wenn du sagen mal über die Gegenwart schreibst und es wird dann so ein bisschen dunkel das Ganze, so wie mir das erschienen ist beim Lesen.
00:10:01: Hast du das Gefühl, dass die Gegenwart ein bisschen dunkel ist?
00:10:05: Thomas: Ja, man ist letztens nicht vom Tisch wischen, dass man sie mit Fragen auseinandersetzt, mit denen ich dachte, dass ich das nicht werde.
00:10:16: Also die uns ja auch sehr vergangen vorkman, über Krieg zu reden. Und wenn man dann, ich habe zwei kleine Kinder und bin immer
00:10:26: versucht, dann die Welt zu erklären, weil die Fragen kommen.
00:10:27: Also wenn sie im Radio was hören, weil sie uns hören, als Eltern, die wir etwas reden,
00:10:32: weil sie in der Zeitung Bilder sehen sehen oder auch Konflikte dann auch im Kindergarten
00:10:35: schon Thema sind, "bist du für Israel oder Palästina, welche Flagge findest du besser?"
00:10:40: Fragen die Kinder untereinander.
00:10:42: Also bist du mit Weltpolitik beschäftigt.
00:10:44: Das verfinstert den Horizont manchmal.
00:10:48: Für mich fatal. Darum ist das Schreiben und Versuch, das was Erhellendes zu finden.
00:10:55: Und "Das Unbehagen" ist schon ein Wandel durch eher düstere, depressive Räume.
00:11:05: Es geht auch um Träume, um Albträume und den Versuch, die Gegenwart irgendwo anzupacken,
00:11:12: irgendwie zu beschreiben und dadurch vielleicht etwas mehr gewappnet zu sein
00:11:17: vor dem was was kommen kann.
00:11:19: Also der Protagonist geht nicht ganz zerrüttet heraus.
00:11:22: Es geht schon um Abgründe anhand von Begegnungen, die da in seiner Gebirgswanderung eigentlich dann hat.
00:11:34: Ich versuch, Optimist zu bleiben. [lacht leise]
00:11:37: Boris: Jetzt einfach ein geografischer Aspekt deiner beiden Romane, der "Gegenstimme"
00:11:45: und von "Das Unbehagen" ist, dass beide in Tirol zumindest zu einem gewissen Teil spielen.
00:11:52: Jetzt habe ich ehrlich gesagt nicht so einen Überblick über deine gesamten Theaterstücke, um die geografisch zu verorten. [amüsiert]
00:12:00: Aber wie kam es dazu? War das ein Zufall?
00:12:02: Warst du vielleicht bei "Innsbruck liest"
00:12:04: sogar in Innsbruck und hast du gedacht, "ha, das gehe ich ein bisschen wandern,
00:12:07: jetzt könnte ich dann noch ein Buch mit dem Tiroler Bergen schreiben" ...
00:12:11: Nein, es gibt...
00:12:12: Also nicht mit dem Tiroler, aber du weißt was ich meine.
00:12:14: Thomas: Ich habe eine zufällig schöne Verbindung mit dieser Stadt.
00:12:18: Dass mich die "Gegenstimme" hierher führt, wusste ich nicht.
00:12:21: Ich wollte die Geschichte des Bruders meiner Oma recherchieren.
00:12:25: Und mir war das nicht mehr so geläufig, dass er eben in Innsbruck damals studiert hatte, kurz vor dem Anschluss 1938.
00:12:32: Und dann ging es dann um Innsbruck von damals.
00:12:35: Und ich war mit meiner Frau eineinhalb Jahre hier.
00:12:39: Meine Frau hat hier an ihre Doktorarbeit geschrieben.
00:12:43: Und wir haben hier gelebt und die Stadt kennengelernt.
00:12:48: Und es waren schon intensive Eindrücke.
00:12:51: Und auch, wir waren viel wandern.
00:12:54: Und ich habe damals an einer Kurzgeschichte geschrieben, die eigentlich Auslöser für diesen Roman dann war, für "Das Unbehagen".
00:13:00: Und das hat mit den Bergen zu tun und mit der Rohheit und Grobheit von Figuren, von Sprache.
00:13:08: Und mit Mythen, die man den Alpen zuschreibt.
00:13:13: Das ist ein schönes Spiel, sich dann Dinge auszudenken.
00:13:17: Und als ich jetzt wieder dran saß, habe ich wieder dieses Innsbruck sehr genau vor mir gehabt eigentlich.
00:13:23: Und bin dann extra noch mal hergefahren, um nachzuwandern, was ich da schreibe, um nicht alles ...
00:13:28: Also manches ... ich wollte die Topografie dieser Wanderung, bis zu einem gewissen Punkt konkret erzählen können.
00:13:37: Und mir ist ... ein paar Dinge sind mir entfallen gewesen, darum bin ich die Routen nachgegangen.
00:13:42: Boris: Es ist ja auch überhaupt ein sehr, sehr plastisches Buch, finde ich.
00:13:46: Also die Orte sind sehr plastisch, die Figuren sind sehr plastisch, finde ich wirklich.
00:13:49: Also das ist eine riesen Lesempfehlung hier auch nochmal für unsere Zuhörer*innen.
00:13:53: Es hat so viele Elemente, auch Spannungselemente.
00:13:59: Ich finde, eines der tollsten Bücher, die ich den letzten Jahren lesen durfte.
00:14:04: Thomas: [lacht] Danke.
00:14:06: Boris: Jetzt kommen wir noch zu einem ganz anderen Thema.
00:14:09: Das ist so ein bisschen ein Dauerbrenner.
00:14:12: Und wir versuchen da so, die ein bisschen Einschätzungen zu bekommen von den Autorinnen und Autoren, die wir einladen.
00:14:18: Das Thema künstliche Intelligenz und Literatur.
00:14:24: Ich stelle es jetzt ganz neutralen Raum.
00:14:27: Hast du dazu eine Meinung, siehst du ein Risiko, siehst du eine Bereicherung?
00:14:32: Thomas: Ich unterschätze sie ständig, diese Algorithmen.
00:14:38: Bauchgefühl sagt immer "wegschieben und hat nichts mit mir zu tun".
00:14:42: Und auch das Gefühl "Kunst ist Kunst".
00:14:45: Aber Künstlichkeit und Kunst hat schon sehr viel miteinander zu tun.
00:14:50: Also es beginnt jetzt damit, dass die Apparate, mit denen ich arbeite, also die Textverarbeitungsprogramme
00:14:57: es automatisch anbieten.
00:14:59: Und ich derzeit daran schalte, dass ich diesen Co-Piloten deaktiviere.
00:15:04: Und dann ist er schon da und dann habe ich schon Dinge probiert und gemerkt, naja, das ist in dem Fall schon noch sehr überschaubar
00:15:17: und berechenbar, was hier angeboten wird an Textsorten und Wortwahl.
00:15:23: Das ist ja, die Kunst schreibt sich ja über das Erwartbare drüber.
00:15:29: Damit lässt sie noch kein guter Roman schreiben.
00:15:33: Ich weiß auch nicht ob er für eine Überarbeitung mit Algorithmen,
00:15:36: ob das wirklich in nächster Zukunft funktionieren wird, weil die Fehleranfälligkeit darin besteht ...
00:15:43: Derzeit habe ich das Gefühl, wie eine gute Geschichte erzählt werden soll, gewisse Punkte zu erfüllen hat.
00:15:53: Und ich habe meinen Roman zum Beispiel zusammenfassen lassen von der KI.
00:15:59: Und da wurde dann absichtlich Fehlleistungen eingebaut, damit die Logik funktioniert.
00:16:06: Weil scheinbar die Conclusio des Romanes nicht eindeutig war.
00:16:10: Und dann behauptet die KI Falsches, damit die Conclusio eine dementsprechend richtige sein soll.
00:16:18: Ich habe auch versucht ein Libretto-Beginn über die Mitte der KI zu schreiben, weil ich es ausprobieren wollte.
00:16:26: Und dann merkt man, wo die Reimschemen herkommen und wie uninteressant es schnell wird.
00:16:32: Also für das, was ich gerade mache, glaube ich, sehe ich noch keine Gefahr.
00:16:37: Ich weiß aber, im Journalismus ist es schon so, dass Textsorten die KI erledigt, viel viel schneller,
00:16:44: aus dem Überarbeitungsprozesse sehr viel schneller gehen; im akademischen Bereich, Übersetzungsarbeiten.
00:16:51: Das verbessert viel wahrscheinlich, es professionalisiert sehr viel, es beschleunigt wieder sehr viel.
00:16:58: Ich bin am Abwarten und muss noch mehr wissen darüber, es wird mich irgendwann weggerationalisieren.
00:17:06: Boris: Glaubst du das?
00:17:07: Thomas: Davon bin ich eigentlich überzeugt.
00:17:10: Ich hoffe, dass ich dann nicht mehr davon abhängig bin von diesem Betrieb, von diesem Kunstbetrieb.
00:17:20: Aber es kann schon sein, dass sich der Betrieb verändert.
00:17:23: Also das ist ja immer so, dass die Techniken verändern, die Kulturen.
00:17:28: Und das, was von Kunst erwartet wird, kann sich verändern, auch in politischen Umständen.
00:17:33: Und das ist ja, das ist großer Luxus, was wir gerade haben, dass Freiheit der Kunst zugestanden wird.
00:17:39: Und Abweichung von der Norm, vielleicht in 30 Jahren, wird von der Kunst erwartet.
00:17:46: und ist ja auch so von Geldgebern, dass sie das leisten zu leisten hat, was die Norm ist und die KI macht das besser.
00:17:53: Boris: Vielleicht ist es ein bisschen, ich habe mir das gerade so überlegt, ein bisschen wie das Synthesizer, der dann aufgetaucht ist.
00:18:00: Und dann natürlich, aber die Idee kam es so, weil ich mir gedacht habe, da ist dann eine Premiere von einem Theaterstück.
00:18:07: Und dann sagt man, so in Anwesenheit, des Verfassers, der Verfasserin, das ist das Programm XY, sitzt da in der ersten Reihe.
00:18:14: Also weißt du, wie ich meine, so ein Synthesizer ist ja auch so ein Gerät, wo man alles rausholen kann irgendwie.
00:18:19: Aber da braucht man zumindest noch einen Menschen, der daran rumdreht.
00:18:23: Thomas: Ja, es ist sicher etwas, womit etwas gemacht wird. Es ist ja also perfomativ betrachtet, ist es natürlich großartig, man speist ein, man sieht live was rauskommt.
00:18:37: Das kann sehr parodistisch glaube ich, sein. Aber es kann auch eben das Dystopische schon irgendwie erahnen lassen.
00:18:47: Also man kann schon produktiv damit umgehen.
00:18:49: Aber es gibt auch sehr viele, die dieses weitaus besser verstehen. In meinem konkreten Bereich ist es derzeit noch fern und wahrscheinlich ist es dann ganz schnell da, und ich habe es übersehen. [lacht leise]
00:19:00: Boris: Ja, vielen Dank. Und zum Abschluss unseres kurzen Gesprächs würde ich dich dann noch bitten, wie immer einen Literaturtipp für unsere Hörerinnen und Hörer zu geben.
00:19:12: Thomas: Ich lese gerade etwas, was ich viel früher lesen hätte sollen. Aus den 1980ern: Margaret Atwood, "Der Report der Magd", "The Handmaid's Tale".
00:19:27: Eine erschreckende Zukunftsvorstellung, so bizarr und so groß. Und es saugt mich gerade richtig rein.
00:19:37: Es ist ein Klassiker letztlich bereits, aber erzählt auch sehr viel über politische Vorgänge, wie sie gerade jetzt passieren, autoritäre Systeme, die Überhand nehmen und wie man darin gefangen sein kann.
00:19:51: Und diese Magd, die ich ausbrechen will. Toller Roman.
00:19:56: Boris: Dann sage ich herzlichen Dank und ich würde sagen, heute, nach dem Gespräch, haben wir jetzt dann einen positiven Abend auf der Bühne in dieser vielen unklaren Dunkelheit, die vielleicht da draußen ist.
00:20:10: Dankeschön, dass du da bist und da warst.
00:20:12: Thomas: [lacht leise] Danke dir.
00:20:14: [Outro-Musik]
00:20:38: [Boris spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Boris spricht]
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