Warum mögen wir eigentlich historische Romane (und wie recherchiert man dafür)?
Shownotes
Sommer, Sonne, historischer Roman! Was gibt es besseres, als mit Cocktail am Strand / auf der Alm / unterm Balkonsonnenschirm zu liegen und endlich diesen einen Roman zu lesen, der vor dem Urlaub noch als Türstopper gedient hat. In der heutigen Folge sprechen Pia und Christina über drei versierte Autorinnen des Genres (Diana Gabaldon, Rebecca Gablé, Hilary Mantel) und was sie über deren Rechercheprozess herausgefunden haben. Außerdem stellt Christina zum Abschluss Peter Pranges „10 Thesen zum historischen Roman“ vor. Die Folge sprudelt vor Leseempfehlungen, wenn ihr also noch nicht wisst, was ihr als nächstes Lesen sollt, hört unbedingt rein! Und erzählt uns dann, welcher historischer Roman euer Herz erobert hat – und am besten auch, warum. Schreibt uns auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at, Instagram oder Facebook.
Die besprochenen Bücher (und Hörbücher) gibt’s auch in der Stadtbibliothek: Hilary Mantel: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/simple_search?query=hilary+mantel Rebecca Gablé: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/simple_search?query=rebecca%20gable Diana Gabaldon: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/simple_search?query=diana%20gabaldon
Pias Lesetipps: „Zuleika“ von Bernardine Evaristo: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/107364 „Lil“ von Markus Gasser: https://stbibk.litkatalog.eu/litterare/manDetail/107103
Peter Prange, „10 Thesen zum historischen Roman“: https://peterprange.de/mein-literarisches-credo-10-thesen-zum-historischen-roman
Urlaubslektüre ohne zu schleppen? Eine große Auswahl historischer Romane gibt’s auch als ebooks in der Onleihe: https://www.onleihe.com/innsbruck/frontend/search,0-0-0-0-0-0-0-0-0-0-0.html
svorwort #popcast #bibcast #gemeinsambesser #stadtstimmen
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00:00:00: [Intro-Musik] Christina: Ja, dann legen wir einfach mal los zum Podcast. Herzlich Willkommen zum
00:00:20: Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck. Mein Name ist Christina.
00:00:24: Pia: Und ich bin die Pia. Christina: Und wir sprechen heute über ein ganz besonders spannendes Thema, zumindest
00:00:30: für mich, nämlich über historische Romane. Pia, auf einer Spannungskala von eins bis zehn, wo bist du da?
00:00:39: Pia: Es kommt ganz aufs Thema drauf an. Das ist das, was ich mir nachher heraus gesucht habe dazu, weil
00:00:44: ich seh es jetzt nicht das Genre, wo ich sofort hingehe. Ich habe ein paar gelesen, aber dann waren Sachen,
00:00:52: wo mich spezifisch dieses Thema interessiert hat. Es ist jetzt nichts, wo ich in die Buchhandel
00:00:57: und die Bibliothek reingehe und sage, ach, gehen wir einfach einmal zu den historischen Romane. Das mache ich nicht da.
00:01:02: Christina: Das heißt, dass du tatsächlich historisch Romane dann ganz konkret für so einen gewissen
00:01:07: Bildungspurpose, also um den Bildungsnutzen gelesen im Sinne von, ach, mich interessiert jetzt die Zeit oder...?
00:01:15: Pia: Oder die Person. Ich habe mir zwei Beispiele aufgeschrieben, die mir auch noch eingefallen sind. In der Schule haben wir zum Beispiel über
00:01:23: Sträflingskolonien gelernt und das hat mich dann interessiert. Und daher habe ich nachher die "Abby-Lynn"-Saga
00:01:29: vom, wie heißt der jetzt, Rainer Schröder gelesen. Das hat mich dann einfach interessiert und deswegen
00:01:36: habe ich dann die Bücher gelesen. Und das andere, was mir auch noch eingefallen ist, ganz spezifisch war dann
00:01:40: "Raven Queen" von Pauline Francis. Das ist über die Lady Jane Grey und da war ich damals in London und war im Tower
00:01:48: auf London und habe über sie gelernt, also über sie erfahren, über das Audiobook dort und daher habe ich das
00:01:54: gelesen, weil es mich dann interessiert hat. Also ich bin so, über, zu historischen Romane gekommen und es war
00:02:00: nicht okay, ich gehe zu die historischen Romane und schau mal, was es gibt.
00:02:02: Christina: Und bevor wir jetzt weiter in das Thema einsteigen, um zu klären, warum mögen wir historische Romane
00:02:11: oder vielleicht auch nicht, würde ich, habe ich eine Genre-Definition mitgebracht, um das einmal
00:02:18: abzustecken und zwar würde ich die jetzt hier einmal ausbreiten, wenn das okay ist. Der historische Romane
00:02:26: ist ein literarisches Genre, das sich durch seine Fokussierung auf vergangenen Zeiten und historische
00:02:32: Ereignisse auszeichnet. Soweit so klar, in diesem Genre werden fiktive Geschichten oder Figuren in einem realen
00:02:40: historischen Kontext präsentiert. Dabei wird oft eine akurate Darstellung der historischen
00:02:46: Periode angestrebt, wobei historische Ereignisse, Orte und Persönlichkeiten in die Handlung
00:02:53: integriert werden. Der historische Romane ermöglicht es Leser:innen in vergangene Epochen einzutauchen und
00:03:00: Geschichte auf eine lebendige und unterhaltsame Weise zu erleben, während gleichzeitig Aspekte der
00:03:06: menschlichen Naturen und universelle Themen erkundet werden, also wie in jedem Roman. Und es ist ja genau
00:03:12: dieser letzte Satz, dass man Geschichte auf eine lebendige und unterhaltsame Weise erleben möchte,
00:03:19: was du hier gerade auch geschildert hast. Du hast von einer geschichtlichen Periode einen Hintergrund
00:03:25: erfahren und wolltest dann mehr eintauchen. Und dann hast du da mehr gesucht, als nur was dir
00:03:35: ein Geschichtsbuch geben kann. Was hat dir das da gegeben? Pia: Eben. Da kommt man gerade in diese Periode und
00:03:41: denkt, oder ist man gerade in der Periode in dieser Zeit oder denkt an diese Person und denkt sich, ah, wie hat die
00:03:46: sich damals gefühlt? Oder wie war das damals? Wie haben die Leute das damals erlebt und dann
00:03:51: interessiert einen das halt und dann will man vielleicht noch mehr machen, als nur reine Fakten lesen.
00:03:56: Christina: Ja, genau, also was für mich Literatur auch ausmacht ist, dieses sich hineinversetzen und beim
00:04:05: historischen Roman hat eben im konkreten Kontext der Zeit, der auch von Interesse ist,
00:04:10: aus dem einen oder anderen Grund. Bei mir ist es vor allen Dingen das englische Mittelalter gewesen,
00:04:19: das mich gepackt hat und entsprechend in die Karte historischer Roman habe ich geschlagen,
00:04:26: sozusagen. Da konnte ich dann eine Weile auch nicht genug bekommen. Ich habe auch tatsächlich
00:04:33: zwei Empfehlungen mitgebracht an historischen Romanen, die beide in das Genre fallen, aber beide
00:04:41: so bisschen sehr unterschiedlich sind. Das eine ist literarischer und das andere ist vielleicht
00:04:46: mehr, wie man sich so einen typischen Genre- Roman vorstellt. Die würde ich dir jetzt einmal
00:04:53: kurz vorstellen und unseren Hörerinnen und Hörer. Pia: Leg los [lacht] Christina: Und zwar die erste Person, die ich mitgebracht
00:04:59: habe ist die Rebecca Gablé, die ja schon seit vielen Jahrzehnten inzwischen historische
00:05:05: Romane im Deutschsprachigen Markt veröffentlicht ist, eine deutsche Schriftstellerin und ihre
00:05:10: historischen Romanen, die berühmteste ist die "Waringham"-Saga. Das sind... Ich würde es als Action-Abenteuer
00:05:17: Romanen bezeichnen. Die haben meistens auch einen männlichen Protagonisten, sind oft sehr
00:05:23: Stereotyp, auch in ihrem Aufbau. Also wenn du einen Rebecca Gablé Roman kennst, dann hast du eine
00:05:30: Idee davon, wie es sie es immer und immer wieder aufbaut mit verschiedenen, also schon Twists [engl. Wendungen],
00:05:37: aber es ist vom Stereotyp das Gleiche. Sie sind recht Stereotype geschlechter Rollen auch,
00:05:43: muss ich sagen, aber es ist auch oft eine Underdog-Geschichte, was ich auch weiß, dass es viele
00:05:51: Leserinnen und Leser zu schätzen wissen. Meine absolute Empfehlung dadrin ist der "König der
00:05:57: Purpurenen Stadt". Das ist schon 2002 rausgekommen. Da spielt vor allem die mittelalterliche
00:06:03: Stadt London eine zentrale Rolle und meines Erachtens nach ist es eigentlich ihr bestes Werk oder
00:06:12: das, was ich am liebsten gelesen habe. Und die zweite, die ich mitgebracht habe, ist die
00:06:16: Hilary Mantel, die ja vor kurzem leider verstorben ist und zwar mit ihrer Tudor-Trilogie über
00:06:25: Thomas Cromwell. Für alle, die es nicht wissen, Thomas Cromwell ist, [schmunzelt] oder war eine bedeutende
00:06:31: Figur während der Herrschaft vom Heinrich dem VIII König, von England im 16. Jahrhundert.
00:06:36: Heinrich ist der mit den vielen Frauen, [Pia lacht im Hintergrund] der ein paar davon auch zu Köpfen gemeint hat. Und Cromwell
00:06:43: war dann irgendwann Chefminister, der ist da in seinen Diensten von Heinrich aufgestiegen, war
00:06:49: Chefminister, kontrollierte ganz viel von der Politik und der Verwaltung Englands,
00:06:54: fiel letztlich aber in Ungnade und wurde dann angeklagt [unverständlich] und hingerichtet und
00:07:01: trotzdem hatte er... und hatte nach wie vor einen sehr großen Einfluss auf.. in der Geschichte
00:07:05: Englands und spielt eine große Rolle. Diese Figur hat sich Hilary Mantel vorgenommen in einer
00:07:11: Trilogie, drei historische Romane. "Wölfe", "Falken", "Spiegel und Licht" von 2009-2020, wo sie eben
00:07:19: Aufstieg und Fall von Cromwell beschreibt. Ich würde es als wesentlich literarischer einstufen und
00:07:26: aufgrund seiner Detailliertheit, also der Detailliertheit des Textes, auch etwas anspruchsvoller
00:07:32: als jetzt vielleicht die Gablé- Romane. Und das fand ich dann sehr interessant. Beides Englisches
00:07:37: Mittelalter sind beides historische Romane, aber es stellt eine gewisse Bandbreite dar,
00:07:41: was man sich, was man unter dem Genre verstehen kann und wie viel Platz da ist.
00:07:48: Hast du, ich weiß du liest es nicht so gerne, hast du schon gesagt, aber hast du was mitgebracht
00:07:55: um deine Empfehlung oder? Pia: Ich habe es mir ein bisschen angeschaut, weil es drum
00:08:00: gegangen ist, okay, wie recherchiert man dann für historische Romane, wir schauen da die
00:08:03: Autorinnen selber nach, wo das ist, was da passiert ist. Christina: Genau, das ganz kurz, weil wir das vergessen
00:08:12: haben oder dazuzusagen, dass wir ein großer Teil neben den Empfehlungen und zu schauen, was ist jetzt
00:08:17: ein historischer Mann, ist genau das Pia, was du gesagt hast, dass die interessante Frage ist
00:08:21: ja eigentlich, wie recherchieren Autorinnen und Autoren für diese Bücher, weil das ist,
00:08:26: das kann man sich vielleicht ja gar nicht vorstellen, wie dieser Vorgang ist und darauf haben
00:08:31: wir uns ja auch vorbereitet für diese Folge, da haben wir uns ja auch einiges auch angeschaut.
00:08:34: Ich habe mir auch angeschaut, wie sich die Gablé und Mantel vorbereiten und jetzt bin ich gespannt,
00:08:40: was du rausgefunden hast. Pia: Ich habe ja mal die "Outlander"-Reihe angeschaut, die ist geschrieben
00:08:46: worden von Diana Gabel..., [lacht] ich sag es immer falsch, also schreiben tut man es "Gabaldon", aber sagen tut
00:08:54: mir "Gaveldon". Christina: Nein echt? Pia: Also mit "V", ich habe extra nachgeschaut, weil ich es nicht gewusste habe [lacht]
00:08:58: Christina: Das hab ich glaube ich, 20 Jahre falsch... Pia: Ja, ich auch. Ich habe immer "Gabeldon" gesagt,
00:09:02: "Gabeldon" heißt sie. Christina: Okay, Diana Gabeldon. Pia: Genau [lacht]. Auch wieder was gelernt und da sind schon einige
00:09:10: Teile heraus, 9 von 10 sollen es werden. Ehm, sind es im Moment, aber 10 sollen es werden. Und sie ist
00:09:20: ein interessanter Fall, die Reihe ist ja sehr, sehr bekannt, läuft auch sehr gut, landet ständig auf
00:09:27: den Bestsellerlisten, es gibt ja auch die Serie dazu von "Stars", da sind jetzt da auch schon
00:09:33: Warte, jetzt muss ich gerade nachschauen, 6 Staffeln haben wir glaube ich, genau, und 8 Staffeln werden es, also und die geht ja
00:09:41: auch extrem gut, diese Serie, also richtige Bestseller. Und das ist ein interessanter Fall,
00:09:46: weil, das war ihr erstes Buch, das sie geschrieben hat. Sie hat vorher noch nie was geschrieben
00:09:50: gehabt und ihr erstes Buch war dann gleich ein historischer Roman. Christina: Wobei darf ich da kurz
00:09:55: eine Zwischenfrage stellen. Die ist ja, aber das ist ja nicht rein historisch, oder? Pia: Eben, das ist
00:10:01: der Interessante Fall sie wollte einen historischen Roman zwar schreiben, sie hat gesagt, ich will
00:10:04: so einen richtig klassischen, dicken, großen historischen Roman schreiben. Dadurch, weil sie aus einem
00:10:12: wissenschaftlichen Hintergrund gekommen ist. Sie hat ein PhD gehabt in Verhaltensökologie und hat
00:10:16: deswegen natürlich auch wissenschaftlich halt viel recherchiert. Christina: Übrigens auch sehr spannend,
00:10:21: weil so... eh, die Hilary Mantel hat Rechtswissenschaft studiert und die Rebecca Gablé hat neben
00:10:31: Mediavistik, also Mittelalterkunde, auch verschiedenste Studien abgeschlossen, das ist so ein gewisses..
00:10:36: Pia: [lachend] Recherche- Fieber, muss man dann schon haben. Christina: [schmunzelnd] Genau, also das eins, jetzt alle drei Autorinnen,
00:10:43: die wir heute schon geredet haben. Pia: Ja, interessant. Ja, und sie hat eben, und daher hat sie gedacht,
00:10:49: das fällt mir sich am einfachsten, weil sie sich gedacht hat, okay, wenn mir sonst nichts
00:10:54: einfällt, ich kann ja immer noch was dazu recherchieren und mir das klauen. Und daher hat sie
00:11:00: begonnen, das zu schreiben. Sie hat niemandem gesagt, dass sie schreibt, hat das 18 Monate
00:11:05: hat sie dafür gebraucht für das erste Buch, das dann 1991 veröffentlicht wurde, und sie hat
00:11:11: das eben als Übung angesehen. Sie wollte einfach einmal ausprobieren, wie das funktioniert. Und
00:11:16: das Problem war halt, sie schreibt über Schottland im 18. Jahrhundert und hat dann begonnen,
00:11:22: über diese Hauptfigur, die Claire zu schreiben. Und diese Figur ist sie aber nicht so richtig
00:11:27: gelungen, die hat ständig irgendwie so freche, moderne Bemerkungen gemacht. Und das ist aber
00:11:32: als im Schreiben passiert und dann hat sie sich ewig lang gedacht, was mache ich denn bloß? Und dann
00:11:36: ist eben dieses Zeitreise-Element dazu gekommen, weil sie sich gedacht hat, na, ich will die nicht
00:11:41: so ändern. Ich möchte die so modern behalten, so frech und modern. Und daher wandel ich das Ganze um
00:11:48: und mache es in einen Zeitreise-Roman. Christina: Das finde ich jetzt besonders interessant, weil genau
00:11:53: vor dieses Problem sah sich auch die Rebecca Gablé gestellt. Weil du hast ja gerade im
00:12:00: historischen Roman brauchst du ja eine... die Identifikationsmöglichkeit zwischen der... den Figuren
00:12:08: und besonders den Protagonisten und den Leser:innen. Und sie hat darüber auch gesprochen, in
00:12:16: wie sie in ihrem Schreibprozess, dass sie immer, es immer ein Balanceakt ist zwischen der Modernität
00:12:24: der Figuren und die irgendwie "relatable" [engl. ansprechend] zu machen für uns als Publikum, aber dann auch eine
00:12:30: gewisse Authentizität beizubehalten, weil es im Mittelalterlichen England zum Beispiel,
00:12:36: hat sie das Beispiel angeführt, dass es da komplett normal war, also Sexismus und sonstige
00:12:43: Homophobien. Also das waren natürlich da alles ganz anders, als wir es heute empfinden.
00:12:49: Pia: Andere Wertevorstellungen, andere kulturelle Vorstellungen.
00:12:53: Christina: Ich glaube, dass sie das, also das ist, das ist das Protagonisten, gerade also in dieser Zone des
00:12:59: historischen Romans sage ich einmal, wo man sich nicht so weit aus dem Fenster lehnt,
00:13:03: dass ja dann auch doch eher populäre Literatur ist.
00:13:07: Dass man da zur Moderne hin tendiert und deswegen für mich lesen sich auch ihre Protagonisten,
00:13:14: die meistens männlich sind, auch immer so gleich, ich find interessant, dass die Gableton da diesen Ansatz gewählt haben.
00:13:22: Das heißt, sie hat ihre.. sie hat diesen Fantasy-Aspekt aus einem Schreibprozess heraus. Pia: Nur deshalb erschaffen.
00:13:28: Genau. Das war vorher null so geplant. Sie wollte einen klassischen historischen Roman machen. [Christina im Hintergrund: Inteessant]
00:13:33: Pia: Und nachher eben, dadurch wie sie sie geschrieben hat, hat sie sich gedacht, das passt nicht rein,
00:13:38: ich muss da was anderes machen und dann ist dieses Zeitreisen im Element dazugekommen.
00:13:42: Genau. Fand ich recht interessant, das so zu machen.
00:13:47: Und sie hat auch immer gesagt bei der Recherche, sie kombiniert die Recherche und das Schreiben.
00:13:52: Also es ist nicht so, dass sie vorher recherchiert und dann schreibt, sondern sie macht beides gleichzeitig.
00:13:57: Sie recherchiert sehr viel, sie hat 1500 Bände zu Hause,
00:14:02: nur für die Recherche. Darunter eben Bücher über Medizin, über Heilmittelpflanzen,
00:14:09: weil die Hauptfigur ist auch Krankenschwester im zweiten Weltkrieg gewesen und reist dann eben nach Schottland,
00:14:14: in das 18. Jahrhundert.
00:14:15: Daher muss sie sich halt auch medizinisch auskennen.
00:14:17: Und dann natürlich auch so Sachen wie Lexika, Slangwörterbücher, Gelische-Wörterbücher
00:14:27: und auch Bücher über die Traditionen in Schottland und die Heilandkultur.
00:14:31: Also da hat sie sehr, sehr viel recherchiert und sie recherchiert auch vorwiegend mit Büchern.
00:14:36: Sie sagt, sie verwendet das Internet, aber eher sporadisch.
00:14:39: Und auch nur zum Beispiel für Sachen, wenn sie sich nicht vorstellen kann, wie was ausschaut,
00:14:43: dafür hat sie es öfter verwendet.
00:14:45: Christina: Da würde mich, also wir sprechen, da ja von drei Autorinnen, die das schon sehr lange betreiben
00:14:51: und die natürlich ihre Methoden haben.
00:14:56: Und ich würde dann auch gerne noch mal erzählen, wie die Gablé und die Mantel,
00:14:59: was die dazu so sagen, wie sie recherchieren.
00:15:03: Mir ist nur gerade eingefallen, es ist sicher interessant, wie sich das in der Zukunft entwickelt.
00:15:08: Wenn du dann so Tools [engl. Werkzeuge] hast, wie zum Beispiel ChatGPT,
00:15:14: du holst dir da ja, wenn die Infos denn dann auch stimmen,
00:15:19: kannst du dir die Infos per Internetanbindung dann ja direkt auch in deine GPT-Konsole holen.
00:15:26: Ich glaube, das wird dem einen oder anderen Schriftsteller und der einen oder anderen Schriftstellerin
00:15:31: die Arbeit sicher erleichtern.
00:15:33: Und gerade auch bei so recherche intensiven Genres wie dem historischen Roman kann ich mir zumindest vorstellen.
00:15:38: Pia: Das kann ich mir schon vorstellen, dass es es einfacher macht.
00:15:41: Wobei Gabaldon, sie ist nicht so begeistert vom Internet, sie
00:15:44: hat zwar gesagt, das Internet geht halt nicht sehr tief in die Thematiken hinein.
00:15:50: Und dafür sind natürlich so spezifische Werk e schon hilfreich.
00:15:55: Vor allem, wenn man so ausführliche Werke schreibt.
00:15:57: Also für mich wirken ihre Bücher wirklich vorwiegend wie historische Romane und nicht wirklich wie Fantasy.
00:16:05: Fantasy, habe ich sehr viele gelesen.
00:16:07: Dieses Fantasy-Element ist nur ein bisschen da, aber der größte Teil ist wirklich in diesem Zeitalter. Spielt in diesem Zeitalter.
00:16:14: Und da merkt man ihr auch die Recherche an.
00:16:17: Also gerade eben das, was mir aufgefallen ist, da habe ich auch noch nicht einmal gewusst, wie sie recherchiert.
00:16:22: Das mit den Heilmitteln, da hat man wirklich das Gefühl, die Frau kennt sich aus, obwohl man sie selber nicht auskennt.
00:16:29: Aber da merkt man ihr die Recherche auch an.
00:16:32: Und da denke ich mir, da hilft das Internet auch noch begrenzt weiter.
00:16:35: Christina: Ja, das ist sicher ein guter Punkt, weil gerade in ehm, mit historischen Materialien,
00:16:42: die müssen, nur was im Internet auch wirklich dargestellt ist, kann hier irgendein Tool oder eine Suchmaschine oder was auch immer ein Algorithmus einspielen.
00:16:52: Ganz viele von den Recherche Materialien, das sind alte Texte, alte Briefe, teilweise Jahrhunderte alte Sachen,
00:16:59: sind vielleicht nicht oder nur in geschlossenen Datenbanken, wenn überhaupt digitalisiert verfügbar.
00:17:07: Sicher ist da ganz viel einfach nicht digitalisiert, noch, wo du dann gar nicht zugreifen kannst.
00:17:12: Abgesehen davon, dass Rebecca Gablé zum Beispiel sagt, dass sie sehr gerne vor Beginn eines Romanens Recherche-Reisen macht.
00:17:23: Also sie reist dann auch tatsächlich, wenn möglich, zu den Orten in ihrem Fall Großbritannien, über die sie dann was schreiben möchte.
00:17:32: Das ist ein großer Teil von ihrem Prozess.
00:17:34: Aber sowohl bei Gablé als auch bei Mantel habe ich bei [schmunzelnd] meiner Recherche, wie Sie recherchieren, für ihren Roman.
00:17:42: Schon so herausgelesen, dass die sehr detailorientiert und strukturiert sind.
00:17:47: Also die Mantel zum Beispiel stellt sich von Anfang an eine Struktur auf.
00:17:53: Also die legt dann aus, worüber sie schreibt, wo ist der Anfang, Mitte, Ende und alles dazwischen, welche Figuren spielen da mit.
00:18:03: Und macht daraus dann Biografien.
00:18:05: Und natürlich, wenn das historische Figuren sind, dann geht sie da in die Texte rein.
00:18:09: Dann geht sie in verschiedenste Bibliotheken, kann ich nur annehmen.
00:18:13: Also man zieht sich halt das Material.
00:18:15: Schaut sich historische Dokumente an, manchmal muss man dafür dann Latein können.
00:18:21: Oder Mittelhochenglisch oder wie auch immer.
00:18:25: Oder wie bei der Gabaldon Gaelisch.
00:18:27: Pia: Ja die hat das auch. Die hat eben Gaelisch-Wörterbücher, wobei sie gesagt hat, bei Gaelisch hat sie auch Hilfe von einer Gaelischen Stängerin.
00:18:33: Ihr fast mehr hilft als die Wörterbücher.
00:18:35: Es ist natürlich auch fein, wenn du eine Expertin hast, auf die du verlassen kannst.
00:18:39: Christina: Die Hilary Mantel zum Beispiel hat jahrelang umfangreiche Recherchen durchgeführt für ihre Cromwell-Trilogie, bevor sie überhaupt auch nur ein Wort geschrieben hat.
00:18:49: Und ihr ist es ganz, ganz wichtig, dass diese historischen Fakten stimmen.
00:18:53: Und sie möchte es so akkurat wie nur möglich darstellen.
00:18:59: Und ich glaube, der Grad der Wichtigkeit ist bei ihr noch mal so hochgeschraubt in ihren Romanen.
00:19:07: Also man merkt auch, wie detailverliebt die Romanen sind, wenn man es wirklich liest.
00:19:13: Ich habe alle drei gelesen.
00:19:15: Und historische Romane sind so schon Recherche aufwendig. Aber da hast du das Gefühl gehabt, du stehst neben dem Cromwell und siehst, welchen Stempel er verwendet. [Pia lacht]
00:19:25: So "en détail" [franz. Im Detail] war das.
00:19:27: Ganz, und auch bei der Gablé, hast du diese Struktur gemerkt.
00:19:31: Und sie hat ja auch Mediavistik studiert. Das heißt
00:19:35: auch da hat sie sich ja über viele, viele Jahre mit einer Thematik tiefgehend befasst, bevor sie überhaupt in den Schreibprozess gelangt ist.
00:19:45: Das heißt, ein tiefes, ich glaube, unsere drei Autorinnen eint ein tiefes Interesse und eine Leidenschaft für das Thema.
00:19:51: Eine strukturierte und detailverliebte Arbeitsweise.
00:19:55: Grundsätzlich nicht zu unterschätzen, gerade an Ausbildung in dem Thema.
00:20:00: Und dann in den Schreibprozess hinein eben auch diese Struktur mitbringen und dann auch immer weiter recherchieren.
00:20:09: Ich kann mir nur vorstellen, dass du dann halt schreibst und dann gehst du weg, um wieder was zu recherchieren.
00:20:15: Und dann kommst du wieder zurück und schreibst halt weiter.
00:20:17: Bis du irgendwann dann deine 700 bis 1000 [lacht] Seiten hast?
00:20:21: Pia: Und da ist ja gerade dann ist ja der historische Roman auch, so perfekte Sommerlektüre.
00:20:27: Weil da hat man dann Zeit, solche dicken Wälzer [lachend] zu lesen.
00:20:30: Christina: Oh ja! [Beide lachen]
00:20:31: Christina: Ja, und man sich so richtig reinfallen lassen kann.
00:20:35: Ich muss auch sagen, ich habe die Gablé gelesen und dann lang keinen historischen Roman mehr.
00:20:43: Und dann war ich ganz ganz ganz beeindruckt, was das Genre alles noch vermag und was man mit dem Genre noch alles machen kann,
00:20:53: als ich dann die Hilary Mantel gelesen habe.
00:20:55: Aber es gibt ja auch durchaus historische Romane, die sind wesentlich kürzer,
00:20:59: als diese dicken Brocken [lacht], über die wir jetzt geredet haben.
00:21:03: Manche sind auch Einzelbände und gar nicht eine Trilogie oder so.
00:21:07: Und es gibt auf der ganzen Bandbreite ganz viel, dass man sich mitnehmen kann.
00:21:13: Und ich meine, wenn man ein E-Book-Reader hat, dann ist sowieso kein Problem.
00:21:17: Pia: [lachend] Das ist das positive im Sommer ja.
00:21:20: Das finde ich auch interessant, dass eben die Figuren, dir auch so modern vorkommen,
00:21:25: auch bei der Gablé, die ja nicht so ein Zeitreise-Element reinbaut, wo das Sinn machen würde,
00:21:30: finde ich jetzt interessant.
00:21:32: Ich glaube, das ist auch der Grund, warum ich nicht so ein Fan von historischen Romanen bin,
00:21:36: weil, ein Fan, das kommt eben, wie gesagt immer aufs Thema drauf an.
00:21:39: Aber mich stört es irgendwie so, dass diese Frauen dann immer so in dieser Zeit gefangen sind,
00:21:46: auch wenn sie sich versuchen zu wehren und rebellisch sind.
00:21:48: Da gibt es ja auch jede Menge Beispiele von rebellischen Frauen,
00:21:52: über die ein historischer Roman geschrieben wird.
00:21:55: Ich habe mir zum Beispiel aufgeschrieben, "Zuleika" von der Bernadine Everisto
00:22:00: ist jetzt zum Beispiel gerade rausgekommen über eine Frau im Römischen Reich,
00:22:05: die verheiratet werden soll und sich jetzt total dagegen wehrt.
00:22:08: Oder auch "Lil" von Markus Gasser, die ist Unternehmerin in New York,
00:22:13: die damals gegen alle Regeln verstoßen hat.
00:22:16: Also diese Beispiele gibt es schon zu mass.
00:22:20: Aber es sind halt doch irgendwie Frauen, die in der Zeit gefangen sind,
00:22:24: auch wenn sie verzweifelt versuchen, da was zu ändern.
00:22:26: Und das habe ich dann bei Outlander irgendwie so gern gemocht,
00:22:29: dass sie als Hauptfigur sehr wohl weiß, dass es anders zugehen könnte.
00:22:32: Christina: Okay, ja, verstehe.
00:22:34: Pia: Und auch dagegen hält gegen diese Struktur, die da vorhanden ist.
00:22:39: Also das habe ich dann so toll gefunden.
00:22:41: Christina: Ja, da hast du das Potenzial von historischen Romanen und der Genregrenze
00:22:47: zur Fantasy, da ist was potenzial ausgeschöpft.
00:22:51: Ich glaube nämlich, dass das der Grund ist, warum die Rebecca Gablé
00:22:54: immer männliche Protagonisten schreibt,
00:22:57: weil die natürlich wesentlich mehr Macht und Spielraum haben.
00:23:00: Und das sind da auch immer weiße männliche Protagonisten,
00:23:03: weil sie dadurch... Pia: Automatisch Vorteile mitbringen. Christina: Ja, und durch diese Vorteile in der Geschichte selber,
00:23:10: Sie sind zwar Underdogs, aber nicht so Underdog,
00:23:13: dass sie sich nicht hinaufarbeiten könnten.
00:23:15: Oder reich werden könnten oder erfolgreich Ritter sein könnten
00:23:20: oder was auch immer.
00:23:22: Und das ist... aber es ist einfacher, es so zu schreiben,
00:23:27: da bin ich mir sicher, weil es auch viel angenehmer,
00:23:29: viel leichter runter rutscht.
00:23:31: Zum Abschluss habe ich von Peter Prange noch was mitgebracht,
00:23:34: nämlich "Die 10 Thesen zum historischen Roman"
00:23:36: die ich einmal kurz noch vorstellen wollen würde,
00:23:39: wenn es passt. Peter Prange ist ein deutscher Schriftsteller auch,
00:23:42: der schreibt auch historische Romane,
00:23:44: man kennt ihn vielleicht von der "Weltenpower-Trilogie".
00:23:47: Bist du bereit für Zehntesen Pia?
00:23:49: Pia: Leg los [lacht].
00:23:50: Christina: These Nummer eins, ein historischer Roman ist kein Geschichtsbuch.
00:23:54: Ein historischer Roman ist keine popularisierte Wissenschaft.
00:23:59: Er meinte damit, dass ein historischer Roman die Geschichte
00:24:03: nicht reduzieren will, aber für sich nutzen
00:24:07: und zwar für das Erzähl-Element und für das Spannungs-Element,
00:24:10: was du ja auch schon angesprochen hast.
00:24:12: Nummer drei, ein historischer Roman handelt nicht von Geschichte,
00:24:16: sondern vom Leben.
00:24:17: Ein historischer Roman ist dramatisiertes Leben.
00:24:20: Ein historischer Roman ist ein realistischer Roman,
00:24:23: manchmal mit Fantasie-Elementen, wie wir heute gelernt haben.
00:24:26: Ein historischer Roman ist ein Entwicklungs-Roman,
00:24:29: ist ein Seelenspiegel, ist ein Gegenwarts-Roman,
00:24:33: nämlich der Roman als Medium der Selbstverständigung,
00:24:36: damit meinte er, man möchte sich ja immer irgendwie
00:24:39: dem Leser ausdrücken, der Leserin gegen den Ausdrücken
00:24:42: und den Spiegel auch vorhalten.
00:24:44: Ein historischer Roman ist kein Abbild, sondern ein Sinnbild.
00:24:48: Punkt Nummer zehn, ein historischer Roman ist zuerst und vor allem ein Roman. [Beide lachen]
00:24:53: Ich fand das hat jetzt nochmal gut gepasst
00:24:57: und irgendwie ein bisschen schön zusammengefasst,
00:24:59: was wir in dieser Folge festgestellt haben.
00:25:02: Was meinst du?
00:25:03: Pia: Ja, finde ich auch.
00:25:04: Christina: Bist du zufrieden mit seinen Thesen?
00:25:05: Pia: Ich bin zufrieden mit seinen Thesen [lacht]
00:25:07: Ja, und wie steht es mit euch?
00:25:10: Mögt ihr historische Romane?
00:25:11: Welche historischen Romane habt ihr gelesen?
00:25:13: Welche gefallen euch besonders gut?
00:25:16: Habt ihr vor im Sommer jetzt welche zu lesen?
00:25:19: Was nehmt ihr denn in den Urlaub so mit?
00:25:21: Schreibt uns das unter post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at
00:25:27: oder gerne auch auf Instagram oder Facebook.
00:25:30: Christina: Bis zum nächsten Mal. [Pia lacht im Hintergrund]
00:25:34: Christina: Ja, bis zum nächsten Mal und alles Liebe, alles Gute, schönen Urlaub, schönen Sommer.
00:25:40: Bis dahin. Pia: Tschüss.
00:25:41: [Outro-Musik]
00:26:05: [Männliche Stimme]: Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck
00:26:09: und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.
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